Die Graykowskis und ihre schicksalhafte Verbindung zum Montafon

Thomas und Nicole – beide sind Deutsche – lernten sich im Montafon kennen und erkoren es zu ihrer neuen Heimat.
Gortipohl Bei der Familie Trost aus Baden-Württemberg war es Tradition, dass man den Urlaub im Montafon verbringt. „Bereits meine Großeltern fuhren mit meinen Eltern jedes Jahr ins Montafon in die Ferien“, erzählt Nicole Graykowski-Etzel (46).
Neben den Eltern war es vor allem die Oma, die Nicole die Schönheit des Tales näherbrachte. Mit ihren Eltern machte Nicole Campingurlaub in Gortipohl, winters wie sommers. Die Trosts waren nicht nur in den Ferien auf dem Campingplatz, sondern oft auch an den Wochenenden. „Meine Mitschüler staunten, wenn ich ihnen erzählte, dass ich bei minus 10 Grad mit nassen Haaren vom Sanitärraum zum Wohnwagen gelaufen bin.“
Viele von Nicoles Kindheits- und Jugenderinnerungen haben mit dem Montafon zu tun. Später gewann dieses Tal noch größere Bedeutung für sie. Und das kam so: Nach der Trennung von ihrem Mann begleitete Nicole, die inzwischen Dreifachmama war, ihre Eltern wieder öfters ins Urlaubsparadies der Trosts. „Das Campen begeisterte auch meine drei Kinder.“
Zwei Camper und die Liebe
Dort, auf dem Campingplatz in Gortipohl, lernte Nicole im Jahr 2014 Thomas Graykowski (48) kennen, einen selbstständigen Steuerberater aus Süddeutschland. „Mein bester Freund kam immer zum Campen hierher. Nach meiner Scheidung besuchte ich ihn in Gortipohl. Ich durfte auch seinen Wohnwagen benutzen, wenn er nicht da war“, berichtet Thomas, wie es ihn ins Montafon verschlug. Das Schicksal wollte es, dass Thomas hier Nicole begegnete. „Sie fiel mir gleich auf. Zuerst dachte ich aber, dass sie liiert ist.“ Als der Vater eines Sohnes erfuhr, dass Nicole Single ist, wagte er sich an sie heran. Nicoles Tochter Mia hatte eine Vorahnung. Nicole dazu: „Als Thomas einmal an unserem Wohnwagen vorbeiging und uns zuwinkte, sagte sie zu mir: ,Mama, der wird dein neuer Mann.‘“ Und so war es dann auch. Nach einem gemeinsamen Abendessen im April 2014 wurden Nicole und Thomas ein Paar.
Im Juli 2014 zogen sie zusammen. Die Patchwork-Familie lebte nun in Linsenhofen (Baden-Württemberg), verbrachte aber weiterhin fast jedes Wochenende im Montafon. „Im Sommer gehen wir gerne Wandern und Radfahren, im Winter Skifahren“, zeigt Thomas auf, dass er und seine Lieben sich in der Freizeit am liebsten in der Natur aufhalten und das Montafon die ideale Region für die Ausübung dieser Hobbys ist. Die Liebe zum Tal weckte in dem Ehepaar den Wunsch, den Lebensabend hier zu verbringen. Nicole: „Irgendwann dachten wir: ,Es wäre doch schön, hier zusammen alt zu werden.“ Also machten sich Nicole und Thomas auf die Suche nach einem geeigneten Objekt. Es dauerte zwei Jahre, bis sie fündig wurden. „Wir erfuhren, dass ein altes Haus in Gortipohl verkauft wird. Als wir es im Internet sahen, verliebten wir uns gleich in dieses Haus.“ Bevor die Familie einziehen konnte, musste sie es aber sanieren. „Wir arbeiteten jedes Wochenende hart.“ Im Sommer 2019 war es so weit. Die Graykowskis konnten ins neue Heim in Gortipohl übersiedeln. „Es fiel uns nicht schwer, aus Deutschland wegzuziehen.“

Dass man mit einer Auswanderung vieles hinter sich lässt, wurde Nicole erst später bewusst. „Manchmal habe ich Heimweh. Ich vermisse meine Eltern und meine Freunde“, gibt sie zu. Deshalb freut sie sich schon jetzt auf den Tag, an dem ihr jüngster Sohn Paul ausgeschult wird. „Dann habe ich wieder mehr Freiraum und kann öfters nach Deutschland fahren.“
Trotzdem bereut weder sie noch ihr Mann den Schritt. „Wir leben an einem Ort, wo andere Urlaub machen“, schätzen Nicole und Thomas ihr neues Zuhause sehr. Der Steuerberater, der in Deutschland arbeitet, fühlt sich im Montafon bereits beheimatet. „Meine Heimat ist dort, wo meine Frau ist“, sagt er und wirft seiner Liebsten einen innigen Blick zu. Diese weiß mittlerweile, wie sie ihre manchmal aufkommenden Sehnsucht nach der alten Heimat stillen kann. „Dann gehe ich in den Wald spazieren.“ Bei diesen Spaziergängen gewann sie die Einsicht, „dass Heimweh vielleicht nur ein zu sich selbst finden ist“.