Nichts zu berichten
Das Informationsfreiheitsgesetz ist eines der großen Leuchtturmprojekte der Koalition von ÖVP und Grünen. Es soll eine Abkehr vom Prinzip der Amtsverschwiegenheit hin zu einer transparenten öffentlichen Verwaltung bringen. Das Vorhaben liegt nun schon seit Monaten auf Eis, denn im Begutachtungsverfahren haben zahlreiche Stellen das Projekt zwar grundsätzlich begrüßt, im Detail jedoch Einwände artikuliert.
Darauf wies Verfassungsministerin Karoline Edtstadler jüngst in einem Interview hin. Ob Landesparlamente, Medienunternehmen wie ORF und APA oder kleine Gemeinden, keiner wolle vom Informationsfreiheitsgesetz umfasst sein, wird Edtstadler zitiert, die von einem „gelebten Floriani-Prinzip“ spricht. Daraus wird von manchen Medien ein Fundamentalwiderstand von Ländern und Gemeinden konstruiert, womit wieder einmal die Schuldigen am Stillstand gefunden sind.
In Wahrheit sind die Dinge etwas komplexer: Erstens dürften auch Teile der Bundesverwaltung mit der geplanten Informationsfreiheit wenig Freude haben. Sie verstecken sich aber, weil sie von den Ministern einen Maulkorb verpasst bekommen, hinter den Ländern und Gemeinden. Zweitens bedarf das Informationsfreiheitsgesetz einer Verfassungsmehrheit im Nationalrat und im Bundesrat. Also muss entweder die SPÖ oder die FPÖ das Vorhaben mittragen, was in der Logik der Politik bedingt, dass auf die Wünsche einer dieser Parteien eingegangen werden muss. Drittens sollte der Kritik, vor allem was den zusätzlichen Verwaltungsaufwand betrifft, irgendwie Rechnung getragen werden. Die Kunst der Politik besteht nun darin, zu verhandeln und zukunftsfähige Lösungen zu finden. Insgesamt ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass das Projekt scheitert, sofern berechtigte Kritik berücksichtigt wird.
Wie wichtig Informationsfreiheit wäre, erfahren die Bürger:innen währen der Corona-Krise nahezu täglich:
So bestand die einzige Information über die letzte Sitzung der gesamtstaatlichen Krisenkoordination (GECKO) darin, dass es öffentlich nichts zu berichten gebe, obwohl die Aussagen der Experten und ihre Empfehlungen für die Öffentlichkeit von höchstem Interesse wären. Ob die Verordnungen des Gesundheitsministers auf hinreichenden Entscheidungsgrundlagen beruhen, erfährt die Öffentlichkeit bisher bestenfalls aus den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes. Transparenz könnte wesentlich zur Vertrauensbildung beitragen, was die Politik gerade derzeit dringend nötig hätte.
„Die Kunst der Politik besteht nun darin, zu verhandeln und zukunftsfähige Lösungen zu finden.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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