„Angst kann ein Ratgeber sein, aber auch ein Bremsklotz“

Petra Ramsauer las in der Stadtbibliothek Dornbirn aus ihrem Buch „Angst“.
Dornbirn Keine leichte Kost gab es kürzlich für die Besucher des Vortrags von Petra Ramsauer in der Stadtbibliothek Dornbirn. Die Journalistin und Autorin war jahrelang als Reporterin in Krisen- und Kriegsgebieten unterwegs, verfasste Bücher und hielt Vorträge über Syrien und den Irak. Dabei wurde ihr immer öfter die Frage gestellt: „Hatten Sie denn keine Angst?“. Dies und die um sich greifende, allgemeine Angst rund um die Corona-Pandemie bewogen sie dazu, ein Buch über die Angst an sich und ihren persönlichen Umgang damit zu schreiben.
Petra Ramsauer ist überzeugt, dass „richtig Angst zu haben eine Kunst ist und vielleicht eine der wichtigsten Lektionen im Leben.“ Ihren beruflichen Schwerpunkt hat sie inzwischen verlagert – Petra Ramsauer macht aktuell eine Ausbildung zur Psychotherapeutin.
Einen Umgang mit der Angst zu erlernen, bedeutet zuerst, von ihr zu wissen und sie als Teil des Lebens zu akzeptieren. Petra Ramsauer hat dies als jugendliche Tumorpatientin früh gelernt. Obwohl sie sich selbst als „sehr ängstlichen Menschen“ bezeichnet, hat ihr diese persönliche Erfahrung der Endlichkeit des Lebens die Angst vor dem Tod genommen. Sie ist überzeugt, dass nicht der Tod einem Angst machen sollte, sondern vielmehr ein „ungelebtes Leben“.
Angst auf den Grund gehen
In kompakter Form präsentierte Petra Ramsauer in der Stadtbibliothek die vier Bereiche, über die sie in ihrem Buch schreibt. Im ersten Teil geht es um die Angst als Reporterin und die Risiken, denen sich Kriegsberichterstatter bewusst aussetzen. Der zweite Teil geht der Anatomie der Angst auf den Grund. Was passiert in unserem Körper und in unserem Gehirn, wenn die Angst uns übermannt? Wo ist die Angst begründet, wo „erzählen wir uns nur Geschichten, die vielleicht gar nicht wahr sind“? Wann kann uns aber auch der Stress, den die Angst auslöst, weiterbringen? „Angst kann ein Ratgeber sein, ein Impuls für Wachstum, aber auch ein Gefühl wie ein Bremsklotz, das sich verstärkt, wenn es vermieden, ignoriert wird“, sagt Ramsauer.
Im dritten Kapitel geht es um die Macht der Angst, über Traumata im Krieg und darum, wie die Corona-Pandemie die Urangst des Kontrollverlustes auslöst. Als Reporterin hat Petra Ramsauer viele traumatisierte Kinder erlebt, einige haben sie besonders berührt. Traumatisierten Menschen aus Krisengebieten zu helfen, ist auch eine der Motivationen für ihre psychotherapeutische Ausbildung.
Wohlmeinende Fehlerkultur
Den letzten Teil ihres Buches widmet Ramsauer der Angst als Ausdruck des Zeitgeists und plädiert für eine wohlmeinende Fehlerkultur. „Der Mensch ist ein Herdentier. Eine seiner größten Ängste ist die, nicht zu genügen. Doch auch wenn man alles richtig macht, stirbt man irgendwann. Deshalb sollte man sich ab und zu etwas trauen und die Sachen, die einem wirklich taugen, auch machen“, so der Appell von Petra Ramsauer. lcf
„Der Menschen ist ein Herdentier. Eine seiner größten Ängste ist die, nicht zu genügen.“
