Das harte Schicksal einer Fußballlegende

Vorarlberg / 30.05.2022 • 08:00 Uhr
Die Pawlowskis mit ihrem Sohn Peter. Sie gehen jeden Tag mit ihm spazieren. <span class="copyright">Roland Paulitsch</span>
Die Pawlowskis mit ihrem Sohn Peter. Sie gehen jeden Tag mit ihm spazieren. Roland Paulitsch

Tadeusz Pawlowski (68) war als Profisportler sehr erfolgreich. Aber er musste in seinem Leben schwere Prüfungen bestehen.

Bregenz Seine Träume wurden wahr. Schon als kleiner Junge träumte Tadeusz Pawlowski (68) von einer Fußballkarriere, als er mit den Nachbarbuben auf der Straße kickte. Im Alter von elf Jahren spielte er für einen kleinen Fußballverein in seiner Heimatstadt Breslau, sein Talent blieb nicht unentdeckt. Als 17-Jähriger unterschrieb der Stürmer seinen ersten Profivertrag. Drei Jahre spielte er erfolgreich für Zaglebie Walbrzych. Danach stürmte der Pole acht Jahre lang für den großen Breslauer Fußballverein Slask Wroclaw. Mit ihm wurde er polnischer Meister und Cup-Sieger. Was der Torjäger in dem Klub leistete, ist noch unerreicht. In 230 Meisterschaftsspielen erzielte er 63 Tore. „Ich bin bis heute der Spieler, der für diesen Verein die meisten Tore geschossen hat. Auch im Europacup bin ich mit 14 Toren noch immer der beste Torschütze im Verein. Deshalb bin ich in Breslau eine Legende.“

Pawlowski (Mitte) war ein erfolgreicher Stürmer und Torjäger.
Pawlowski (Mitte) war ein erfolgreicher Stürmer und Torjäger.

Dem Torschützenkönig wurde auch die Ehre zuteil, für die polnische Nationalmannschaft zu spielen. „Drei Jahre lang war ich im Nationalteam.“ Mit 30 ging der Profi-Fußballer ins Ausland, der Bundesligaverein Admira Wacker hatte ihn geholt. Eineinhalb Jahre später wechselte der Ausnahmesportler zu Schwarz-Weiß-Bregenz. Bis zum Alter von 36 spielte er aktiv Fußball. Danach machte sich Pawlowski als Trainer einen Namen. Unter anderem heimste er Erfolge mit Victoria Bregenz, Schwarz-Weiß Bregenz und mit dem SCR Altach ein. Ab 2013 trainierte er den Verein, in dem er groß wurde, Slask Wroclaw. 2014 wurde er in Polen zum Trainer des Jahres gewählt. Der 68-Jährige ist „stolz auf das, was ich geleistet habe“. Aber trotz der vielen sportlichen Erfolge hob Pawlowski nie ab. Dass er demütig blieb, dafür sorgte auch das Leben.

Die Söhne wuchsen im Fußballstadion auf

Pawlowski wurde früh Vater, mit 20 Jahren. Seine Frau Anna schenkte ihm einen Sohn: Paul. Fünf Jahre später kam Peter zur Welt. „Ich hatte mir Söhne gewünscht, damit sie einmal in meine Fußstapfen treten.“ Die Kinder der Pawlowskis wuchsen im Stadion auf. „Sie waren bei fast jedem Spiel dabei.“ Peter kam ganz nach dem Vater. „Ihm bedeutete der Fußball alles. Er hatte das Talent von mir. Paul hingegen nahm den Fußball nicht so ernst. Ihm war er mehr Spaß.“ Es erfüllte den Vater mit Stolz, als die Austria Lustenau seinen Sohn Peter als Stürmer unter Vertrag nahm.

Pawlowski mit seinen Söhnen Paul (rechts) und Peter.
Pawlowski mit seinen Söhnen Paul (rechts) und Peter.

Pawlowski hatte zu beiden Söhnen ein enges Verhältnis. Es traf ihn schwer, als sein ältester Sohn mit 33 Jahren an Krebs erkrankte. „Vier Jahre kämpfte Paul gegen die Krankheit. Er starb mit 37 Jahren, acht Tage vor Weihnachten. Am Heiligen Abend haben wir nur geweint.“ Seither sind mehr als zehn Jahre vergangen. Aber Pawlowski trauert noch heute um seinen Sohn. „Er war mein Kind. Das kann man nicht abhaken.“ Wenn der Talentecoach der Fußballakademie Vorarlberg zur Arbeit fährt, kommt er am Friedhof vorbei. Dann muss er an Paul denken, der dort begraben liegt. „Jeden Tag kommst du zu deinem Kind zurück.“

Nur zwei Jahre nach Pauls Tod suchte die Familie abermals ein schwerer Schicksalsschlag heim. Peter, der Sohn, der den Pawlowskis noch geblieben war, kam an den Rand des Todes. „Man wollte ihm in der Klinik in Innsbruck eine neue Herzklappe einsetzen. Wenige Stunden vor der Operation platzte ein Aneurysma in seinem Kopf. Man fand Peter bewusstlos auf der Toilette.“ Eine Not-OP wendete vorerst das Schlimmste ab. „Aber der Doktor sagte uns, dass wir uns auf seinen Tod vorbereiten sollen.“ Zehn Monate lag Peter auf der Intensivstation im Koma. „Anna und ich fuhren jeden Tag zu ihm in die Klinik in Innsbruck.“ Drei Mal am Tag durften seine Eltern ihn sehen. „In den Pausen haben wir in der Kirche gebetet.“

Vater Tadeusz kickt mit Sohn Paul.
Vater Tadeusz kickt mit Sohn Paul.

Peter, der zwölfmal operiert wurde, kämpfte zwei Jahre lang um sein Überleben. Nach einem halbjährigen Reha-Aufenthalt und einem Jahr auf der Wachkoma-Station am LKH Rankweil holten ihn die Eltern heim. „Wir wollten Peter zuhause haben.“ Eine Krankenschwester betreut ihn rund um die Uhr. „Für mich ist Peter nicht mehr im Wachkoma. Er lacht und weint und reagiert auf uns, gibt uns mit der Hand Zeichen“, freut sich der Vater über jede Regung seines Sohnes.

Pawlowski und seine Frau gehen jeden Tag mit Peter in der Stadt spazieren, drei Stunden lang. „Uns kennt man. Wir gehören zum Stadtbild.“ Anna konnte ihre zwei Männer in den vergangenen zwei Jahren aber nicht immer begleiten. „Meine Frau hat Brustkrebs. Sie ist in Behandlung. Heute geht es ihr zum Glück wieder recht gut, körperlich wie psychisch.“ In vielen Gesprächen gelang es Pawlowski, seiner Frau Mut zuzusprechen. „Glücklicherweise bin ich ein guter Psychologe und mental sehr stark. So erklären sich unter anderem auch meine Erfolge im Sport.“ Seine mentale Stärke half ihm auch, das unabwendbare Schicksal aus den größeren Händen des Lebens anzunehmen.