Wien Energie: Vorarlberg fordert bessere Lösung als einen Rettungsschirm

Angesichts der Finanzsituation der Wien Energie versichern Land und illwerke vkw, dass in Vorarlberg die Energieversorgung gesichert ist.
Bregenz Die Wien Energie versorgt an die zwei Millionen Österreicher mit Strom und Wärme, kämpft derzeit jedoch mit Liquiditätsschwierigkeiten. Denn der Energieversorger im Besitz der Stadt Wien muss das Gros der benötigten Energie auf der Börse einkaufen. Dafür benötigt es jedoch inzwischen weit mehr Geldmittel zur Absicherung der Käufe, als das Unternehmen zur Verfügung hat.
Anders ist die Situation in Vorarlberg, versichern Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, Landesrat Daniel Zadra und illwerke-vkw-Vorstand Christof Germann am Dienstag. Entsprechende Sorgen seien unbegründet.
Ost-West-Gefälle
“Die Bundesregierung wird die Wien Energie nicht allein lassen”, macht sich Schöbi-Fink nichts vor. “Man kann einem Unternehmen, dass zwei Millionen Menschen versorgt, nicht einfach die Lichter ausschalten”, weiß auch Zadra. In diesem Fall müsse aber auch Geld nach Vorarlberg fließen, auch wenn man seine Hausaufgaben seit Jahren gemacht habe. “Alles andere wäre unfair”, betont die Statthalterin.
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Einen bundesweiten Rettungsschirm sieht die Statthalterin nicht für sinnvoll an, doch auch bei einer Strompreisgrenze müsse darauf geachtet werden, dass auch Vorarlberg und seine Stromkunden profitiert, sind sich die beiden Landesräte einig. Dies gilt gerade auch für Betriebe, für die andere Tarife gelten als für Privatpersonen. Zu einseitig profitiere Wien Energie, das erst kürzlich die Preise für seine Kunden erhöht hat, und andere hochpreisige Anbieter von den diskutierten Maßnahmen. Die Kunden der illwerke vkw, die den Strompreis bis April 2023 garantiert, blieben verhältnismäßig gering entlastet und damit auf der Strecke, so die Befürchtung.
Gefüllte Speicher
Germann zieht den Vergleich zu Wien: Der durchschnittliche Haushalt in Vorarlberg zahlt 18,4 Cent pro Kilowattstunde, in Wien ist es hingegen mit 42,7 Cent doppelt so viel. Im Vergleich zu 2021 ist der Strompreis für den Durchschnittshaushalt in Vorarlberg um 26 Euro sogar gesunken. Sprich, bei einem Strompreis von angenommen 15 Cent pro Kilowattstunde für die ersten 2500 Kilowattstunden Verbrauch werde ein Vorarlberger Haushalt um 85 Euro entlastet, ein Wiener jedoch um 688 Euro.
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Insgesamt ist der Privatkundenmarkt für die illwerke vkw oft ein Defizitgeschäft, die Gewinne erwirtschaftet das Unternehmen vor allem auf dem deutschen Markt. Die Gewinnanteile des Landes fließen wiederum über die Sozialleistungen des Landes an die Bevölkerung, verwehrt sich Schöbi-Fink gegen eine Sondersteuer auf die Gewinne der Energieversorger. Im Gegensatz zur Wien Energie handelt die illwerke vkw kaum an der Börse, sondern vor allem mit langfristigen Handelsverträge mit fixen Partnern. Nur kurzfristige Bedürfnisse werden über die Börse abgedeckt, hier sind die eingesetzten Mittel nur wenige Tage gebunden.
Mit Blick auf den kommenden Winter sichert sich Vorarlberg mit erhöhten Speicherständen in den Stauseen ab, betont Schöbi-Fink. “Aktuell sind die Speicherseen zu über 90 Prozent gefüllt”, bestätigt Germann. Auch 500 Gigawattstunden Erdgas sind für Vorarlberg reserviert, dies entspricht einem Viertel des Vorarlberger Jahresbedarfs. “Jede Kilowattstunde die wir einsparen, egal ob Strom oder Gas, trägt bei, dass wir die Versorgungssicherheit gewährleisten können”, betont Germann dennoch.
Wider dem Merit-Order-Prinzip
“Die Situation ist stabil, aber man muss dazu sagen, sie ist angespannt”, fasst Germann die Lage am europäischen Energiemarkt zusammen. In Frankreich sind viele Atomkraftwerke derzeit in Revision und nicht am Netz. Im Winter ist das westeuropäische Land außerdem ein Stromimporteur. Andererseits ist der Wasserstand in ganz Europa niedrig, dies reduziert die Leistung der Wasserkraftwerke – und Transportkapazitäten auf Flüssen wie dem Rhein. “Hier gibt es bereits Probleme, Kohle in die Kraftwerke im Süden Deutschlands zu bringen”, erklärt Germann. Insgesamt also eine Gemengenlage, die die Situation verschärft.
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“Aus unserer Sicht wäre es wichtig, das Problem an der Wurzel zu lösen”, fordert Germann eine zumindest temporäre Adaptierung des Merit-Order-Systems. Seit 2000 haben sich die Endkunden in Österreich zwar 15 Milliarden Euro über dieses System eingespart, betont der Vorstand. Aber eine Entkoppelung von Strom- und Gaspreis sei nun notwendig, verweist er auf das Beispiel Spanien. Mittel- bis kurzfristig müsse man die Krise auch für den Ausbau der erneuerbaren Energie nutzen, verweist er auf das eigene Investitionsprogramm von vier Milliarden Euro.
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Auch Zadra wünscht sich eine strukturelle Reform des Strommarktes. “Es zeigt sich einmal mehr, in Zeiten des Sonnenscheins werden Gewinne privatisiert. Und wenn ein Gewitter aufzieht, wird schnell nach der Unterstützung des Staates geschriehen”, kritisiert der Grüne Landesrat. Strom dürfe man nicht allein den Marktkräften überlassen. Das iberische Modell könne Österreich jedoch nicht auf eigene Faust übernehmen, zu unterschiedlich sind die Energienetze aufgebaut und mit der restlichen EU verknüpft. Entsprechend brauche es eine europäische Lösung.
“In Vorarlberg ist die Stromversorgung gesichert. In Vorarlberg sind die Strompreise für die Privatkunden bis zum 1. April gesichert”, betont er die positiven Botschaften. Die Industrie steht jedoch anderen Herausforderungen gegenüber, weiß er von “schweren Stunden” der Unternehmer. “Das kann so nicht weitergehen”, warnt er in Richtung Wien und Brüssel.