„Am besten keinen Atommüll verursachen“
Geplantes Atommüllendlager in der Schweiz beschäftigt Vorarlberg.
Genf, Bregenz Die Schweiz hat eine weitreichende politische Entscheidung gefällt. Das Endlager für den bereits in den eidgenössischen Atomkraftwerken angesammelten Atommüll soll im Gebiet Nördlich Lägern in den Kantonen Zürich und Aargau errichtet werden. Dieser Standort liegt in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze und nur rund 100 Kilometer von Vorarlberg entfernt.
Im eigenen Land
Für Hildegard Breiner (86), die seit Jahrzehnten einen leidenschaftlichen Kampf gegen die Atomkraft führt, ist die Entscheidung der Schweizer keine Überraschung. „Seit rund zwei Wochen hat es sich abgezeichnet, dass es der nun verkündete Standort werden würde.“ Für die Aktivistin ist klar, „dass der bisher angefallene Atommüll irgendwohin muss. Immerhin ist die Schweiz ihrem artikulierten Grundsatz treu geblieben. Nämlich dass der im eigenen Land produzierte Mist auch im eigenen Land vergraben werden soll.“
Sie bezweifelt allerdings, ob der nun festgelegte Standort auch der allergeeignetste im Land ist. „Er liegt nahe des Rheins, und wir wissen um die Erdbebengefährdung gerade in diesem Gebiet.“
Damals, am Wellenberg
Lebhaft in Erinnerung ist Breiner noch der Streit um den ursprünglich angedachten Atomendlagerstandort am Wellenberg im Kanton Nidwalden. Nach langen Auseinandersetzungen mit der Atomlobby entschied sich die Bevölkerung des Kantons 1995 mehrheitlich gegen die Errichtung des Lagers an dieser Stelle.
Und jetzt Nördlich Lägern in den Kantonen Zürich und Aargau? Davon begeistert ist auch der grüne Vorarlberger Umweltlandesrat Daniel Zadra nicht. „Es gibt keinen richtigen Standort für ein Atommülllager. Jeder ist falsch. Es muss uns vielmehr ein Anliegen sein, an einer Zukunft zu arbeiten, in der wir keinerlei Atommüll mehr produzieren. Wer heute langfristig auf Atomenergie setzt, handelt verantwortungslos gegenüber unserer Zukunft und unserem Planeten“, äußert sich Zadra.
Mit der Forderung nach einem sofortigen Ende der Stromproduktion durch Atomkraft liegt er mit Hildegard Breiner auf einer Linie. „Der Abfall des bisher produzierten Atomstroms muss natürlich so sicher wie möglich entsorgt werden. Aber ab jetzt sollte gelten: Keinen weiteren Atommüll produzieren.“
Lange Vorlaufzeit
Bis die Empfehlung der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) in der Schweiz jedoch tatsächlich, wenn überhaupt, realisiert wird, wird es noch Jahrzehnte dauern. Bis Ende 2024 sollen die erforderlichen Bauunterlagen erarbeitet und eingereicht werden.
Mit einer Genehmigung rechnet das Bundesamt für Energie (BFE) um das Jahr 2030 herum, ein Betriebsstart wäre nicht vor 2050 möglich. Und dann muss nicht nur die Schweizer Regierung und das Parlament dem Vorhaben zustimmen. Auch eine Volksabstimmung pro Endlager in Nördlich Lägern ist für eine Umsetzung unabdingbar.
„Seit zwei Wochen hat sich die Festlegung auf diesen Standort bereits abgezeichnet.“