Ein mutiger Gestalter Vorarlbergs

Vorarlberg / 08.02.2023 • 17:46 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Martin Purtscher war von 1987 bis 1997 Landeshauptmann von Vorarlberg.
Martin Purtscher war von 1987 bis 1997 Landeshauptmann von Vorarlberg.

Morgen Requiem für Landeshauptmann a. D. Martin Purtscher in Feldkirch.

SCHWARZACH Morgen, Freitag, um 14.30 Uhr findet im Feldkircher Dom das Requiem für den im 95. Lebensjahr verstorbenen Vorarlberger Landeshauptmann a. D. Martin Purtscher statt. Zahlreiche Weichenstellungen, auf die sich Vorarlbergs heutiger Erfolg stützt, gehen auf seine Initiativen zurück.

Stets stellte er das Wohl des Landes in den Vordergrund seines Handelns. Sein Lebensresümee fasste Martin Purtscher in der ORF-Sendung „Focus Spezial“ zusammen: „Ich empfinde es als große Gnade, in einer bewegten Zeit gelebt zu haben. Ich hatte ein sinnerfülltes, glückliches Leben. Meine Familie war der Fels in der Brandung.“ Und weiter: „In der Politik wollte ich etwas bewirken und betrachtete meine politischen Gegner nicht als Feinde. Jeder kann irren und daher sind gemeinsam getroffene Entscheidungen die besseren.“

Er bleibt ein Vorbild

Der Tag des EU-Beitritts Österreichs sei der wichtigste Tag in seiner Karriere gewesen, erzählte der Landeshauptmann a. D. Als glühender Verfechter der europäischen Idee bezeichnete er den 12. Juni 1994 als persönlichen Freudentag, als die österreichische Bevölkerung mit 66 Prozent Zustimmung den Beitritt Österreichs zur EU möglich machte.

Bundeskanzler a. D. Wolfgang Schüssel erinnert sich: „Mit Martin Purtscher hat uns wohl der letzte jener Generation verlassen, die noch die Schrecken des Weltkriegs – blutjung zur Wehrmacht eingezogen – erleben musste. Vielleicht erklärt das sein unermüdliches Werben um die europäische Einigung. Wir hatten mehrfach Kontakt in der Europakommission der ÖVP, in der ihn Alois Mock zum Vorsitzenden bestellte. Purtscher hatte als erster Landeshauptmann die zögerliche Bundesregierung kritisiert und auf einen raschen EG-Beitritt gedrängt. Als Vertreter der Bundesländer nahm er an den Schlussverhandlungen in Brüssel teil; unvergessen sein starker Einsatz, als bei den Verhandlungen ein Abbruch drohte. Martin Purtscher bleibt ein untadeliges Vorbild nicht nur für meine Generation, sondern auch für die Jungen.“

Ein weiterer Höhepunkt der politischen Laufbahn von Martin Purtscher waren seine Bemühungen um die Vorarlberger Illwerke. Dazu führt Ludwig Summer, Aufsichtsratsvorsitzender der illwerke vkw AG aus: „Landeshauptmann a. D. Martin Purtscher hat als langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der Vorarlberger Illwerke AG und der Vorarlberger Kraftwerke AG die Energiewirtschaft im Land maßgeblich geprägt. Besondere Verdienste hat er sich in Bezug auf den Erwerb des Aktienpakets des Bundes durch das Land Vorarlberg im Jahr 1995 erworben – dadurch wurde das Land Vorarlberg zum Mehrheitseigentümer der Vorarlberger Illwerke AG. Aber auch die Vorbereitung auf die Liberalisierung des Strommarktes und die vertiefte Zusammenarbeit der beiden Gesellschaften, die in der heutigen illwerke vkw AG mündete, waren Meilensteine seiner äußerst wertvollen Tätigkeit für das Land und unsere Unternehmen. Sein Verhandlungsgeschick, seine Weitsicht und sein wertschätzender Umgang haben mich zutiefst beeindruckt.“

Auch die Gründung des „Technikum Vorarlberg“ – der heutigen Fachhochschule in Dornbirn – fiel in Martin Purtschers Funktionszeit. Ebenso kam während seiner Ära als Landeshauptmann 1990 mit der späteren Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer erstmalig eine Frau in die Vorarlberger Landesregierung. Sie denkt heute zurück: „Ich hatte das Glück, von 1990 bis 1995 mit Martin Purtscher in der Regierung arbeiten zu dürfen. Er leitete die Sitzungen sehr höflich im Ton und fast freundschaftlich, aber sehr zielorientiert und bestimmt. Sein Arbeitsstil war: mit vielen reden, gut überlegen, dann Entscheidungen fällen und diese umsetzen. Es waren für mich wichtige ,Lehrjahre‘ in der Politik und Martin Purtscher war immer mein großes Vorbild. Wir verlieren mit seinem Ableben einen offensiven, großartigen Politiker und einen warmherzigen Menschen.“

Über 20 Jahre Wegbegleiter

Der langjährige Landtagsabgeordnete Günther Keckeis (SPÖ) sagt zum Ableben von Martin Purtscher: „Mehr als zwanzig Jahre hindurch waren Martin Purtscher und ich Wegbegleiter im Vorarlberger Landtag. Dass es dort im Wettstreit um die besten Ideen zu parlamentarischen Auseinandersetzungen kam, lag in der Natur der Sache. Ihn zeichnete dabei ein Alleinstellungsmerkmal aus: Seine Noblesse, sein Stil und seine Wortwahl, die den politischen Diskurs mit ihm prägten, waren von äußerst hohem Niveau. Er war ein Sir. Sein Intellekt und seine Kompetenz machten Auseinandersetzungen mit ihm mehr als herausfordernd. Im politisch Andersdenkenden sah er dabei weniger den Gegner als vielmehr den Mitbewerber, dem er seine Wertschätzung nicht versagte. Ich hatte in den letzten zwei Jahrzehnten zu ihm nicht nur ein von gegenseitigem Respekt getragenes, sondern auch freundschaftliches Verhältnis. So sehr ich dieses durch seinen Tod vermisse, werde ich es in bester Erinnerung behalten.“

Unterstützer der Industrie

Martin Ohneberg, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg, fasst zusammen: „Martin Purtscher war ein großer Unterstützer der Vorarlberger Industrie und Wirtschaft und hat einen Anteil am großen wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand unseres Bundeslandes.“ EE

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