Warum die heimischen Lehrer SOS rufen

Vorarlberg / 15.06.2023 • 17:40 Uhr
Auch für Anliegen der Elementarpädagogik wurde vor dem Landhaus demonstriert. Das ganze Bildungssystem stand am Pranger. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Auch für Anliegen der Elementarpädagogik wurde vor dem Landhaus demonstriert. Das ganze Bildungssystem stand am Pranger. VN/Steurer

Dramatischer Appell der Pädagogen an Bildungsverantwortliche. Probleme mit Lehrermangel und vielem mehr.

Bregenz Baustelle Schule. Dem Motto entsprechend versammelten sich rund 300 Lehrerinnen und Lehrer auf dem Landhausplatz in Bregenz. Viele von ihnen trugen Warnwesten und Bauhelme. Angesagt war der “Aktionstag Bildung”, der in ganz Österreich durchgeführt wurde. “Vertreter von rund 20 Organisationen und Initiativ-Gruppen sind da”, durfte Lehrergewerkschafterin Alexandra Loser gleich zu Beginn der Veranstaltung auf deren Bedeutung hinweisen.

Baustelle Schule mit dabei verbundener Einsturzgefahr. Die Fantasie der versammelten Pädagoginnen und Pädagogen war reichhaltig. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Baustelle Schule mit dabei verbundener Einsturzgefahr. Die Fantasie der versammelten Pädagoginnen und Pädagogen war reichhaltig. VN/Steurer

741 offene Stunden

Warum erheben sich die Lehrerinnen und Lehrer einmal mehr? “Es herrscht bei uns ein dramatischer Personalmangel. Kolleginnen und Kollegen sind überfordert. Noch nie gingen so viele Lehrer in die Schweiz und Liechtenstein wie in letzter Zeit”, verdeutlicht Personalvertreter Willi Witzemann das Hauptproblem. Insgesamt sind es 74 offene Stellen mit 741 offenen Stunden, die den Notstand begründen, haben die Lehrervertreter erhoben.

Kinderarzt Harald Geiger sah sich als Anwalt der Kinder, deren Gesundheit sehr wohl auch von einem guten Bildungssystem abhänge.
Kinderarzt Harald Geiger sah sich als Anwalt der Kinder, deren Gesundheit sehr wohl auch von einem guten Bildungssystem abhänge.

Doch das von zahlreichen Politikerinnen und Politikern besuchte Pädagogen-Treffen vor dem Sitz der Landesregierung drehte sich nicht nur um den Personalmangel, es wurde in den Beiträgen der Redner zur Abrechnung mit dem Bildungssystem im Gesamten.

Auch für ein bisschen Schabernack war Platz bei der Kundgebung, an der sich auch Eltern und Politiker beteiligten.
Auch für ein bisschen Schabernack war Platz bei der Kundgebung, an der sich auch Eltern und Politiker beteiligten.

Mehrere Plädoyers

So forderte Peter Fischer, Sprecher der ARGE Gemeinsame Schule, einmal mehr die Einführung dieses von einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt empfohlene Modell. “Und zwar nicht nur in einer kleinen Region wie Lustenau. Das muss Vorarlberg-weit passieren, am besten natürlich in ganz Österreich. Nur dann gibt es keine Ausweichmöglichkeit für jene, die ihre Kinder unbedingt in ein Gymnasium schicken wollen.”

Schülervertreterin Sina Lenherr erntete bei ihrem Vortrag in Reimen tosenden Applaus.
Schülervertreterin Sina Lenherr erntete bei ihrem Vortrag in Reimen tosenden Applaus.

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Das Plädoyer für eine inklusive Schullandschaft gab es von Expertin Claudia Niedermair, während Kinderarzt Harald Geiger den Zusammenhang zwischen einem Schulsystem, das Druck erzeugt, und der Gesundheit von Kindern herstellte.

Kritik an den Kritikern

Einen leidenschaftlichen Vortrag in Reimen mit einer Generalabrechnung des Bildungssystems als Inhalt lieferte die stellvertretende Landesschulsprecherin der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, Sina Lenherr.

Hörte angestrengt zu und stellte sich dann auch Kritik und Fragen der Kundgebungsteilnehmerinnen und -teilnehmern: Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink.
Hörte angestrengt zu und stellte sich dann auch Kritik und Fragen der Kundgebungsteilnehmerinnen und -teilnehmern: Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink.

Volksschullehrerin Birgit Sieber-Mayr, vehemente Kämpferin gegen die Ziffernnoten, brachte ihr Anliegen ebenso unters Lehrervolk wie AHS-Lehrervertreter Gerhard Pusnik, der die verantwortlichen Politiker für ihre aus seiner Sicht existierenden Missstände an den Pranger stellte. Vor allem die ÖVP bekam dabei ihr Fett ab.

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Applaus für die Rednerinnen und Redner gab es vonseiten der Kundgebungsteilnehmer immer wieder.
Applaus für die Rednerinnen und Redner gab es vonseiten der Kundgebungsteilnehmer immer wieder.

Tapfer stellte sich indes die anwesende Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) mitten unter den versammelten Pädagogen der Kritik und beantwortete Fragen. Kritik an der Veranstaltung gab es aber auch von einigen Lehrern. “Es gefällt mir gar nicht, dass man hier zu Inklusion, Noten und anderem Grundsatzreden hält. Man sollte sich auf das Personalproblem und die überbordenden Belastungen konzentrieren. Das betrifft uns Lehrer jetzt akut”, schimpfte ein Volksschuldirektor und musste davon abgehalten werden, die Veranstaltung spontan zu verlassen.