Faszination für Pilze

Uschi Österle setzt sich auch auf wissenschaftlicher Ebene mit der Welt der Mykologie auseinander.
Von Monika Bischof
GÖFIS Auf dem Küchentisch von Uschi Österle liegt ein Wochen-Terminkalender. Für jeden Tag sind Termine eingetragen, manche sind auch noch mit Notizen in Stenografie ergänzt. „Ich habe zwar alle Termine auch auf meinem Handy, aber mit der zusätzlichen handschriftlichen Ausführung fällt es mir leichter, den Überblick zu bewahren“, sagt die gebürtige Göfnerin.
Den Überblick braucht sie, denn die rührige 67-Jährige ist sehr vielseitig aktiv. So ist sie unter anderem Obfrau des Krankenpflegevereins Göfis und hat auch die Leitungsfunktion für den Pilzkundlichen Verein Vorarlberg inne. Uschi Österle ist jemand, der sich für eine Sache entscheidet und sich sodann zu mehr als hundert Prozent dafür einsetzt. Dies war in ihrem Berufsleben schon so. Sie war 17 Jahre Geschäftsführerin der ARGE Mobile Hilfsdienste und setzte in dieser Zeit zahlreiche innovative Neuerungen um. Sie ist ein Organisationstalent, was ihr in ihren vielen ehrenamtlichen Funktionen zugutekommt. Außerdem ist die dreifache Mutter sehr wissbegierig und gibt sich nicht so schnell mit einfachen Erklärungen zufrieden. Dies ist auch bei ihrer Leidenschaft, der Mykologie, der Fall. Die Welt der Pilze fasziniert sie schon lange.

„Wir haben als Kinder mit unserem Papa schon Pilze gesammelt. Daran habe ich schöne Erinnerungen. Die Freude daran, draußen in der Natur zu sein, wurde damals schon geweckt“, erinnert sie sich. In ihrer Jugend hat sie mit ihrer damaligen Clique viele Bergtouren unternommen. Sie war stets lieber im Wald oder auf den Bergen unterwegs als in Diskotheken.
Und auch als junge Mutter unternahm sie Streifzüge in den umgebenden Wald von Göfis, um auch ihren Kindern die Schönheit der Natur nahezubringen: „Bei einem dieser Spaziergänge habe ich am Wegrand Steinpilze entdeckt, diese mitgenommen und dann gekocht. Auf einmal war das Interesse an Pilzen da, ich wollte unbedingt mehr darüber wissen und habe mir mein erstes Buch über Pilze besorgt. Während die meisten Leser solche Bücher nur für die Bestimmung von Pilzen kaufen, habe ich mich auch intensiv mit dem länger gehaltenen Vorspann beschäftigt, wo es auch um grundlegende Informationen über die Mykologie ging.“
Eine Pilzführung in Rankweil mit Vortrag vor über zwanzig Jahren bildeten einen weiteren, nachhaltigen Impuls: „Der spätere Obmann des Pilzkundlichen Vereins Vorarlberg (PKVV) Oswald Werner wurde mein Mentor. Er bemerkte, dass ich mehr als die anderen Teilnehmer über Pilze wusste und lud mich ein, mit der bestehenden Gruppe mitzugehen. Bald darauf wurde der PKVV gegründet, ich wurde vor 14 Jahren sogar seine Nachfolgerin.“

Auf die Frage, was sie denn so an den Pilzen fasziniere, kommt die Antwort: „Die große Farbenpracht und die vielfältigen Formen. Es gibt viel mehr als Hut- und Stielpilze. Wir treten auf Schritt und Tritt auf Pilze. Es gibt keinen Quadratmeter Waldboden oder Wiese, auf denen es keine Pilze gibt – außer der Boden wurde von Menschen entsprechend behandelt.“
Die Pilzexpertin ist sich außerdem der wichtigen Funktion von Pilzen bewusst: „Damit unser Planet so wurde und so ist, wie wir ihn heute haben, benötigten wir die Pilze. Es sind auch die Pilze, die nach jeder globalen Katastrophe das Leben zurückgebracht haben. Ohne Pilze gäbe es auch sonst kein Leben. Sie sind ein Grundpfeiler unseres Planeten.“ Jeder Pilz wächst unter dem Boden oder auf altem Holz. Viele davon sind unscheinbar und nicht leicht erkennbar „Ich habe beispielsweise über einen längeren Zeitraum die Pilze in meinem Garten bestimmt und kam auf 81 unterschiedliche Arten.“

Uschi Österle ist in ganz Österreich für ihr Wissen in der Mykologie bekannt. Als Mitglied der ARGE Pilzberater, die ihren Sitz in Linz hat, nimmt sie jedes Jahr an der Pilzseminarwoche, die immer in einem anderen Bundesland angeboten wird, teil: „Vor 21 Jahren fand die Pilzseminarwoche in Vorarlberg statt, da habe ich sehr viel gelernt.“ Der dadurch entstandene Austausch mit Experten weitet sich immer weiter aus: „Die Kreise werden immer größer. Ich erfasse Fundlisten und füge sie in die österreichische Datenbank ein und beteilige mich außerdem an der Erstellung der Roten Listen.“ Der Name der Göfnerin findet sich auch in Fachbüchern, was sie mit Stolz erfüllt: „Es war für mich nicht einfach, mir all die lateinischen Namen der Pilze zu merken. Aber um mich mit Wissenschaftlern und Experten unterhalten zu können, ist dies einfach eine Voraussetzung.“

Besonders wichtig ist ihr noch die Weitergabe ihres Wissens: „Ich mache auch Führungen mit Schulklassen oder Kindergartengruppen, da steht für mich aber nicht die Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern die Freude an der Natur.“ Diese vermittelt sie wie schon bei ihren Kindern nun auch ihren beiden Enkelkindern.
ZUR PERSON
USCHI ÖSTERLE
GEBOREN 20. November 1955
FAMILIE Verheiratet, drei erwachsene Kinder, zwei Enkel
WOHNORT Göfis
HOBBYS in der Natur sein, Kurz- und Genießerurlaube, Mykologie
Lebensmotto Das Glas halbvoll und nicht halbleer zu sehen.