Verzweifelte Wohnungssuche

Vorarlberg / 08.11.2023 • 21:56 Uhr
Vogewosi-Wohnungen wie heir in Bregenz sind in vielen Städten und Gemeinden heiß begehrt. VOL/MAYER
Vogewosi-Wohnungen wie heir in Bregenz sind in vielen Städten und Gemeinden heiß begehrt. VOL/MAYER

Fast 6000 Menschen suchen eine gemeinnützige Wohnung. Viele warten schon lange.

Hohenems Havva Suicmez kommt seit einem Jahr hier her. Sie ist sicher schon zum zehnten Mal da, erzählt sie. Geschieden, drei Kinder, eines davon minderjährig. „Ich habe eine schöne Wohnung, ich fühl mich wohl“, fährt die 48-Jährige fort. „Aber ich kann mir die Wohnung nicht mehr leisten.“ Es ist Mittwoch, 16.45 Uhr. Havva Suicmez ist eine von rund 20 Personen, die bereits auf den Hohenemser Wohnstadtrat Bernhard Amann warten. Alle warten auf eine leistbare Wohnung.

Hohenems ist ein Beispiel von vielen. Fast 6000 Menschen warten in Vorarlberg. Sie stehen auf der Warteliste für eine gemeinnützige Mietwohnung, Mietkaufwohnung oder betreutes Wohnen. Das geht aus einer Anfragebeantwortung des Landes an die SPÖ hervor. Landesrat Marco Tittler (ÖVP) versucht, das Positive zu sehen. Denn im Jahr 2019 lagen 6259 Anträge vor, bei gleichzeitig weniger Einwohnern. In den vergangenen Jahren wuchs die Vorarlberger Bevölkerung von 397.500 auf 410.000 Einwohner.

Zu sechst auf vier Zimmern

Frauen wie Havva Suicmez hilft das wenig. „Ich habe 32 Jahre Vollzeit gearbeitet. Jetzt muss ich regelmäßig hier her und um eine leistbare Wohnung betteln“, ärgert sie sich. Auch Maria Mirsoian und Ruslan Usubyan warten. Sie haben einen ihrer beiden Sohne mitgebracht. „Wir wohnen momentan zwar in einer Vier-Zimmer-Gemeindewohnung“, erzählt Ruslan Usubyan. „Aber wir sind zusammen mit meinen Großeltern zu sechst.“ Kein Dauerzustand, schildern sie. Vor fast fünf Jahren haben sie den ersten Antrag gestellt. Seither versuchen sie es.

Die angespannte Lage dürfte sich nicht so schnell bessern: Die Vogewosi hat ihre Bautätigkeit zurückgefahren und der private Markt ist eingebrochen. Die große Warteliste kann aber ein bisschen relativiert werden. Aus verschiedenen Gemeinden hört man, dass sich darunter zahlreiche Verbesserungswünsche finden. Wohnungswerber leben zwar in gemeinnützigen Wohnungen, möchten aber in ein neueres Haus, in eine größere Wohnung oder einen Garten. Sie bewerben sich, lehnen aber auch Wohnungen ab. Es komme vor, dass eine Wohnung erst an Menschen auf Platz 40 oder 50 der Warteliste vergeben werde, weil die Menschen davor die Wohnung nicht brauchen oder wollen. Der Bedarf an gemeinnützigen Wohnungen ist trotzdem enorm, sagt Stadtrat Bernhard Amann. „Es muss dringend mehr gebaut werden.“

Einzige Chance auf Eigentum

Nicht alle wollen eine Mietwohnung. Ein junges Hohenemser Paar mit einem Kind wartet seit eineinhalb Jahren auf eine Mietkaufwohnung. Er 30 Jahre alt, sie 26 Jahre alt. „Es ist die einzige Chance, in unserem Alter Eigentum aufzubauen. Anders ist es nicht mehr möglich“, sagt er. Sie sind zum ersten Mal hier und guter Dinge – schließlich seien sie angerufen worden, sie sollen vorbeikommen. Jetzt ist die Vorfreude etwas gedämpft. „Wenn ich so sehe, wie oft manche schon hier waren …“

Die Landespolitik hat sich des Themas angenommen – und zwar durch die Bank. Im Landtags-Ausschuss standen mehrere Anträge der Opposition auf der Tagesordnung. Und die schwarz-grüne Landesregierung ihrerseits hat kürzlich ein weiteres Wohnpaket präsentiert. Havva Suicmez kann sich davon nichts kaufen. „Ich warte und werde vertröstet“, redet sie sich in Rage. „Aber worauf warten?“, fragt sie. „Dass ich weit in die roten Zahlen rutsche?“

„Jetzt muss ich regelmäßig hier her und um eine leistbare Wohnung betteln.“

Maria Mirsoian und Ruslan Usubyan.
Maria Mirsoian und Ruslan Usubyan.
Verzweifelte Wohnungssuche

Die längsten Wartelisten

Dornbirn 972 Anträge

Bregenz 668 Anträge

Feldkirch 455 Anträge

Bludenz 374 Anträge

Lustenau 335 Anträge

Hard 317 Anträge

Hohenems 268 Anträge

Lauterach 196 Anträge

Höchst 172 Anträge

Götzis 168 Anträge

Wolfurt 168 Anträge