„Ich mag Tiere lieber als Menschen“

Vorarlberg / 10.11.2023 • 16:10 Uhr
Birgit hat sich unter die weißen Esel gemischt. <span class="copyright">Philipp Steurer </span>
Birgit hat sich unter die weißen Esel gemischt. Philipp Steurer

Birgit Wedl (41) hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Die tierliebe Frau arbeitet als Tierpflegerin im Wildpark Feldkirch.

Feldkirch Seit Birgit Wedl (41) denken kann, ist sie von Tieren umgeben. Bereits im zarten Alter von sechs Jahren kümmerte sie sich um ihr Pony Tandy, um ihre Meerschweinchen, Hasen, Hühner, Ziegen und Enten. „Ich bin morgens und abends zu ihnen gegangen, habe sie gefüttert und den Stall ausgemistet.“ Die Tiere machten das Kind glücklich. „Sie geben einem viel zurück. Sie sind so treu und ehrlich. Menschen sind oft falsch und hinterhältig. Ich mag Tiere lieber als Menschen, weil man nicht enttäuscht wird.“

Schnappschuss mit Ente.
Schnappschuss mit Ente.
Die kleine Birgit auf Besuch im Wildpark Feldkirch.
Die kleine Birgit auf Besuch im Wildpark Feldkirch.
Mit sechs Jahren bekam Birgit Tandy. Das Pony lebt noch immer bei ihr, ist jetzt 36 Jahre alt.
Mit sechs Jahren bekam Birgit Tandy. Das Pony lebt noch immer bei ihr, ist jetzt 36 Jahre alt.

Zufrieden wurde Birgit inmitten von Tieren groß. Als junge Frau ergriff sie einen Männerberuf. Denn: „Ich war kein typisches Mädchen. Mein Vater hatte mich wie einen Buben erzogen.“ Bei Liebherr absolvierte Birgit eine Doppellehre als technische Zeichnerin und Maschinenschlosserin. Dieser Firma blieb die Feldkircherin 21 Jahre lang treu. „Es war ein toller und fordernder Job. In dem männlichen Umfeld musste ich als Frau Stärke zeigen.“

Die Steinböcke fressen Birgit aus der Hand.
Die Steinböcke fressen Birgit aus der Hand.

Ihre Tiere waren ihr in dieser Zeit ein schöner Ausgleich. Inzwischen war ihre private Haltung auf 49 Tiere angewachsen. „Das mag für den einen verrückt klingen, für mich bedeutete es Lebensfreude pur.“ Weil sie damit liebäugelte, Bäuerin zu werden, ließ sie sich nebenher noch in der Landwirtschaftsschule zum landwirtschaftlichen Facharbeiter ausbilden. „Dort habe ich viel über Nutztiere gelernt.“

Mit einem Sack voller Kastanien geht Birgit Wedl ins Hirschgehege.
Mit einem Sack voller Kastanien geht Birgit Wedl ins Hirschgehege.

Vor vier Jahren stellte sie die beruflichen Weichen neu. „Ich bekam mit, dass der Wildpark Feldkirch jemanden sucht.“ Sie bewarb sich und wurde eingestellt. „Jetzt mache ich auch beruflich das, was ich schon immer gern gemacht habe. Ich kümmere mich um Tiere.“ Insgesamt tummeln sich im Wildpark 178 Tiere – vom Luchs und Wolf über Steinbock und Hirsch bis hin zur Zwergmaus.

Carlos, der gefährliche Birkhahn

Birgit, die mittlerweile auch ausgebildete Tierpflegerin ist, hat ein gutes Gespür für ihre Schützlinge. „Ich merke schnell, ob es ihnen gut geht oder nicht.“ Die 41-Jährige mag alle Bewohner des Wildparks, aber besonders „cool“ findet sie Felix, das Luchs-Oberhaupt. „Er ist so eine schöne Katze, wie er daherschleicht und das Futter holt. Manchmal nimmt er das Fleisch sogar aus meiner Hand.“ Auch die Steinböcke fressen Birgit zart aus der Hand. Carlos, der Birkhahn, ist schwieriger zu handhaben. „Er verteidigt sein Revier vehement. Der hängt mir an der Hose, der pickt, der tut mir weh, der haut mich mit den Flügeln.“

Ein Reitausflug mit der Tochter.
Ein Reitausflug mit der Tochter.

Aber es gibt noch gefährlichere Tiere im Wildpark. „Der Rothirsch kann – vor allem in der Brunft – von einer Sekunde zur anderen angreifen. Auch unsere drei Heckrinder flößen mir großen Respekt ein. Sie sind tonnenschwer und habe große Hörner.“ Der Beruf des Tierpflegers birgt die verschiedensten Gefahren. „Die Tiere können einen auch mit Krankheiten anstecken. Ich bin unter anderem gegen Tollwut und Hepatitis geimpft.“

Familie Wedl fährt gern mit der Kutsche aus.
Familie Wedl fährt gern mit der Kutsche aus.

Aber Birgit möchte wieder auf die schönen Seiten des Berufs zu sprechen kommen. „Ich freue mich schon auf den Frühling. Das ist die schönste Zeit im Wildpark, weil es da Nachwuchs gibt. Die Jungtiere sind so süß.“ Manchmal ergibt es sich sogar, dass sie bei der Geburt zuschauen kann. „Das sind großartige Erlebnisse.“

Birgit mit ihrem Mann Sebastian und ihren Zwillingstöchtern Rafaela und Isabel.
Birgit mit ihrem Mann Sebastian und ihren Zwillingstöchtern Rafaela und Isabel.

Tierisch geht es bei der zweifachen Mutter auch zu Hause zu. Es gilt drei Pferde, zwei Ziegen, vier Enten, drei Hühner, eine Katze, ein Meerschweinchen, zwei Wellensittiche und 13 Kaninchen zu versorgen. „Ich stehe jeden Tag um 5.30 Uhr auf, dann fahre ich zum Stall nach Gisingen und kümmere mich um meine Tiere. Danach fahre ich zurück nach Nofels und mache das Frühstück für meine Familie. Im Wildpark bin ich gegen 7.30 Uhr.“

Der Tag ist der Zwillingsmutter viel zu kurz. „Für mich wäre es ideal, wenn ein Tag nicht 24, sondern 44 Stunden hätte.“ Aber irgendwie schafft es Birgit, alles unter einen Hut zu bekommen: ihre Familie, zu der nicht nur ihr Mann und ihre 13-jährigen Zwillingstöchter zählen, sondern auch ihre alten Eltern, ihren Job, ihre private Tierhaltung und ihre Hobbys, das Reiten und Kutschenfahren.

Birgit Wedl

geboren 5. August 1982 in Feldkirch

Wohnort Feldkirch

Familie verheiratet mit Sebastian, Zwillingstöchter Rafaela und Isabel

Hobbys Tiere, Reiten, Kutsche fahren