Margit Niedermaier – eine Frau mit zwei Leidenschaften

Vorarlberg / 22.12.2023 • 13:30 Uhr
Margit Niedermaier auf den Galapagos-Inseln. Sie hat keine Scheu vor der Riesenschildkröte.
Margit Niedermaier auf den Galapagos-Inseln. Sie hat keine Scheu vor der Riesenschildkröte.

Schreiben und Reisen – das waren die Leidenschaften von Margit Niedermaier (79). Zunächst wurde sie Journalistin. Später gründete sie ein Reisebüro. Heute lebt die Bregenzerin abwechselnd in Ecuador und Österreich.

Bregenz Margit Niedermaier (79), die Tochter einer Lehrerin und eines Handelstreibenden, wusste bereits als Kind, was für einen Beruf sie einmal ergreifen will. „Ich wollte unbedingt Journalistin werden.“ Margit wuchs in der Kirchstraße in Bregenz auf. „Neben unserem Betten- und Wäschegeschäft waren die VN beheimatet. Das Geklapper der Schreibmaschinen, der metallene Ton, der aus der Setzerei kam, und der dumpfe Lärm der Druckmaschinen begleitete uns Kinder beim Spiel im Thalbach.“

Das Mädchen posiert für den Fotografen.
Das Mädchen posiert für den Fotografen.
Die kleine Margit hoch oben auf dem Holderbaum.
Die kleine Margit hoch oben auf dem Holderbaum.

Mit 12 Jahren schrieb die Bregenzerin ihren ersten Roman, welcher im Deutschunterricht vorgelesen wurde. „Inspiriert dazu hat mich ein Aufenthalt in England. Ich war als Elfjährige einen Sommer lang als Austauschschülerin in Großbritannien.“ Mit 14 schrieb sie einen Aufsatz über den Muttertag. „Die VN haben meinen Text abgedruckt.“ Ihre ersten Sporen verdiente sie sich aber beim Vorarlberger Volksblatt. „Man vertraute mir kleinere Aufträge an.“ Aber damals war der Journalistenberuf noch fest in Männerhand. „Fast überall hieß es: ,Wir wollen keine Frau in der Redaktion.“ Doch Margit, die mit 14 Jahren für ein Jahr nach England gegangen war, um die Weltsprache Englisch zu lernen, ließ nicht locker. Schließlich landete die Tochter aus bürgerlichem Haus als redaktionelle Mitarbeiterin bei der Vorarlberger Arbeiterzeitung (AZ).

Erste Aufträge kommen herein.
Erste Aufträge kommen herein.

Redakteur Oswald Mayer wurde ihr Lehrer. Er erkannte ihr Talent und schickte sie nach Wien zur Presse, nach Salzburg und nach Innsbruck. „Aber dort sahen sie sich nicht meine Arbeiten an, sondern fragten mich, bei welcher Partei mein Vater ist.“ Enttäuscht kehrte die junge Frau nach Vorarlberg zurück. Ihr Mentor Oswald Mayer riet ihr, es in der Schweiz zu versuchen. Dort seien die Leute offener. „Und wirklich: Der Feuilleton-Redakteur vom St. Galler Tagblatt sagte zu mir: ,Ja Fräulein Niedermaier, wir brauchen jemanden. Sie können nächste Woche bei uns anfangen‘.“ Lächelnd erzählt sie, dass ihre männlichen Kollegen anfangs von ihr erwarteten, dass sie ihnen den Kaffee bringt. „Ich musste ihnen klarmachen, dass ich den gleichen Status wie sie habe.“

Die Redakteurin in New York.
Die Redakteurin in New York.

Über das St. Galler Tagblatt kam Margit zum Modemagazin Harper‘s Bazaar. Als die ,Textilrevue‘ sie wollte, eine Fachzeitschrift für die Mode- und Textilbranche, nahm sie das Angebot an. 18 Jahre arbeitete sie für dieses Blatt. Als Redakteurin der Textilrevue kam sie weit herum, besuchte Modeschauen in Mailand, Paris, Rom, London und New York. Aber als solche verlor sie den Bezug zur Natur. „Ich wusste nicht mehr, wie ein Baum ausschaut.“

Margit unter Schamanen.
Margit unter Schamanen.

Ihre Rückbesinnung auf die Natur ging mit einem Berufswechsel einher. Margit reiste auf die Galapagosinseln. In dem unberührten Naturparadies mit Vulkanen, Regenwäldern, Sandstränden, Korallenriffen und einzigartigen Tierwelten fand sie das, wonach sie suchte: Natur pur. Als sie in die Schweiz zurückkam, brachte sie eine Idee mit. „Ich beschloss, Reisen auf die Galapagosinseln anzubieten.“ Die Wahl-St.-Gallerin, die schon immer gerne fremde Länder erkundete und bereits als Teenager per Autostopp durch Europa reiste, gründete das Reisebüro „Archipel – respektvoll reisen. „Meine Philosophie war: Reisen mit Respekt gegenüber der Natur und den Menschen, denen man begegnet.“ Margit spezialisierte sich zunächst auf Naturreisen. Aber bald schon bot sie auch mit Erfolg Reisen zu Schamanen und Kraftplätzen an, unter anderem in den Anden, im Amazonas-Gebiet, in Costa Rica, Hawaii, Nepal, Tibet und Sibirien. „Mich faszinieren Schamanen und ihr uraltes Wissen. Ich erkannte, dass das auch meine Kunden interessieren könnte.“ 20 Jahre lang, bis zu ihrer Pensionierung, leitete Margit ihr Reisebüro in St. Gallen.

Margit in ihrer zweiten Heimat in Ecuador.
Margit in ihrer zweiten Heimat in Ecuador.

„Mit 60 wollte ich in ein Land ziehen, wo die Menschen nett sind zu alten Menschen.“ Margit, die 64 Länder bereist hatte, liebäugelte mit der Mongolei. „Denn dort begegnen sich Jung und Alt besonders respektvoll.“ Aber schließlich landete sie nicht in der Mongolei, sondern in der Regenwaldstadt Macas in Ecuador. „Ich wollte mich von meinen dortigen Patenkindern verabschieden. Sie fragten mich, ob ich nicht bleiben und in ihrem Haus am Rande des Urwaldes leben wolle.“ Margit fiel die Entscheidung nicht schwer. Denn: „In Ecuador ist es das ganze Jahr warm, in der Mongolei hingegen sind die Winter lang und kalt.“

Margit auf Heimatbesuch in Bregenz.
Margit auf Heimatbesuch in Bregenz.

Seit 2009 pendelt die 79-Jährige zwischen Südamerika und Europa. „Das Schöne ist: ,Ich fliege von einer Freundesgruppe zur anderen‘.“ Die Bregenzerin hat viele Freunde und 13 Patenkinder. Eine eigene Familie hat sie jedoch nicht. Es gab drei große Lieben in ihrem Leben. Alle drei Männer sind aber längst verstorben. „Der Tod ist nur ein Schritt auf die andere Seite. Es gibt ein Leben nach dem Tod. Ich werde all die Menschen, die ich geliebt habe und die bereits gestorben sind, wiedersehen“, ist die 79-Jährige überzeugt. Den Tod, wann und wo immer er kommt, fürchtet Margit nicht. Aber eines würde sie sich wünschen: „Ich möchte einmal jemanden haben, der meine Hand hält, wenn ich sterbe.“  

Margit Niedermaier

geboren 25. März 1944 in Bregenz

Wohnorte Bregenz, Macas (Ecuador)

Familie alleinstehend

Hobby Yoga