Aufarbeitung abgeschlossen?
Die Bundesregierung hat vor Weihnachten den Bericht zur Aufarbeitung der während Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen präsentiert. Wer die 175 Seiten lange Studie, verfasst von der renommierten Akademie der Wissenschaften in Wien, liest, bleibt etwas ratlos zurück. Der Bericht verwendet eine Sprache, die einer sozialwissenschaftlichen Fachzeitschrift angemessen wäre, steht zweifellos auf einem hohen Niveau und lässt trotzdem viele Fragen offen.
„Weshalb waren die Anweisungen der Ministerien an die vollziehenden Behörden handwerklich so schlecht?“
Warum war Österreich insgesamt schlecht auf eine Pandemie vorbereitet? Warum waren die Ministerien so lange nicht in der Lage, fachlich fundierte Verordnungen zu erlassen, die nicht vom VfGH aus formalen Gründen aufgehoben wurden? Weshalb waren die Anweisungen der Ministerien an die vollziehenden Behörden handwerklich so schlecht? Und vor allem: Wie gelang es der Schweiz und anderen Staaten, mit deutlich weniger restriktiven Maßnahmen zumindest kein schlechteres Ergebnis als Österreich zu erzielen?
Offenbar waren Antworten auf diese Fragen nicht vom Auftrag der Bundesregierung erfasst. So wissen wir auch in Zukunft relativ wenig darüber, wie die nächste Krise besser bewältigt werden könnte. Ein paar gute Ratschläge der Studie werden nicht ausreichen: Zum Beispiel jener, dass die Kommunikation der Regierenden besser werden muss und nicht von „Management by Angst“ geprägt sein darf. Oder die Empfehlung, dass Transparenz herrschen muss, welche Personen einem Expertengremium angehören und solche Beratungsorgane eine möglichst große Vielfalt an Disziplinen und Meinungen abdecken sollen. Wie dann im Ernstfall unter Zeitdruck brauchbare Empfehlungen für die Politik resultieren sollen, bleibt indessen unklar.
Ebenso unklar ist, was sich die Bundesregierung selbst von der Präsentation der Studie erwartete. Kein Coronaleugner wird bekehrt, nur weil nunmehr wissenschaftlich belegt ist, dass die Idee, eine Impfpflicht einzuführen, gesellschaftlich betrachtet ein Fehler war. Die Bundesregierung verweist auf das vor nicht allzu langer Zeit beschlossene Krisensicherheitsgesetz, das uns in künftigen Krisen besser schützen soll. Dieses enthält zwar einige organisatorische Verbesserungen in der Entscheidungsstruktur und der Krisenkommunikation, ändert aber an den administrativen Mängeln, die uns schwer belastet haben, gar nichts.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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