Tierärztin Andrea: “Wenn man etwas wirklich will, erreicht man es”

Andrea Watzke (53) ging unbeirrt ihren Weg. Ihre innigsten Wünsche erfüllten sich.
Rankweil Von frühester Kindheit an verfolgte Andrea Watzke (53) beharrlich ihr Ziel. „Bereits mit fünf Jahren wollte ich Tierärztin werden. Aber in meinem Umfeld nahm mich niemand ernst.“ Das Mädchen aus Rankweil war sehr tierlieb. „Ich habe Regenwürmer gerettet und sie von der Straße auf eine Wiese gebracht.“ Seinen Vater, einen Tankstellenbetreiber, drangsalierte das Kind monatelang mit dem Wunsch nach einem eigenen Pferd. „Ich war so lange lästig, bis er mir eines kaufte.“ Die damals Elfjährige steuerte etwas Geld bei, Geld, das sie sich auf der Tankstelle verdient hatte. „Ich habe Lastwagen betankt und Autoscheiben geputzt. Dafür habe ich Trinkgeld bekommen. Am meisten gaben die Holländer.“ Andrea kümmerte sich vorbildlich um ihr Pferd. „Ich bin vor und nach der Schule in den Stall gegangen und habe es versorgt.“ Das Reiten brachte sie sich selbst bei. Zu jedem Geburtstag wurde das Mädchen von seinen Angehörigen gefragt, was für einen Beruf es einmal ergreifen möchte. Die Antwort fiel immer gleich aus: „Das wisst ihr doch schon: Tierärztin.“
Der Tod des Vaters
Andrea war 15, als ihr Vater starb, „der immer sehr auf mich eingegangen ist“. Sein Tod traf sie schwer. „Ein Tag vor seinem Tod habe ich noch sein Auto sauber gemacht. Ich dachte, dass er sich darüber freuen wird, wenn er aus dem Spital heimkommt.“ Jeden Tag ritt sie mit ihrem Pferd zu seinem Grab. Der schwere Schicksalsschlag brachte den Teenager aber nicht von seinem Plan ab, Tierarzt zu werden. „Mein Umfeld nahm mich immer noch nicht ernst. Alle lachten mich aus. Sie meinten, dass ich das nicht schaffe. Wie willst du studieren, fragten sie mich ungläubig?“ Aber Andrea ließ sich von ihren Mitmenschen nicht verunsichern, sondern blieb hartnäckig und absolvierte das Bundesoberstufenrealgymnasium in Feldkirch. „Ich habe die Schule gut bewältigt.“ Um ihrem Berufswunsch näherzukommen, entwickelte sie eine unbändige Energie. „Ich wollte es allen zeigen und dachte mir: ,Ihr werdet mich noch kennenlernen.‘“ Ihr starker Wille brachte sie ihrem Ziel immer näher. Aber auch das Leben spielte in ihre Hände. Mit 17 kam sie mit einem VEU-Spieler zusammen. Dieser ging nach Wien studieren. ‚Durch ihn bin dann auch ich nach Wien gekommen.“

In der Bundeshauptstadt studierte Andrea Veterinärmedizin. Sie bezog Studienbeihilfe und wohnte bei ihrem Freund. „Ich lernte fleißig, weil ich es den Leuten zeigen wollte, und schaffte alle Prüfungen.“ Während des sechseinhalbjährigen Studiums begann sie mit Begeisterung Eishockey zu spielen bei den Vienna Flyers. „Ich kam durch meinen Freund zu diesem Sport.“ Andrea, die es bis in die Bundesliga schaffte, spielt auch heute noch Eishockey, mittlerweile aber bei den Steinbock-Ladies in Hohenems. „Dabei kann ich mich voll auspowern.“ Nach dem Studium bekam die frischgebackene Tierärztin ein Kind von ihrer neuen Liebe, einem tschechischen Eishockeyspieler. Zwei weitere folgten. Das Paar heiratete und zog in die Nähe von Graz, weil Andreas Mann für einen steirischen Eishockeyclub spielte. „Und ich arbeitete auf selbstständiger Basis für eine Tierarztpraxis auf dem Land und übernahm später dann noch die Fleischbeschau in zwei großen Schlachthöfen.“ Andrea arbeitete viel. „Ich war die Hauptverdienerin.“

Als ihre Ehe in die Brüche ging, kehrte sie im Jahr 2014 mit ihren drei Kindern nach Vorarlberg zurück. Hier musste die Alleinerzieherin, die mit ihrer Familie bei einer Freundin untergekommen war, wieder bei Null anfangen. „Ich fand lange keine Anstellung in Vorarlberg.“ Um sich und „meine drei wunderbaren Kinder“ durchzubringen, pendelte sie eineinhalb Jahre lang jede zweite Woche in die Steiermark. „Dort habe ich in zwei Schlachthöfen gearbeitet, dem Geld wegen. Es war keine schöne Arbeit.“

Das Blatt wendete sich, als sie im Jahr 2016 beim Land Vorarlberg eine Anstellung als Veterinärmedizinerin bekam. „Seither geht es mir gut. Der Job ist wunderbar.“ Andrea ging in ihrem Leben auch durch schwere Zeiten. Trotzdem hat die Rankweilerin nie aufgegeben. „Ich bin eine starke Frau. Meine Devise ist: Aufstehen, Krone richten, weitermachen.“ Und wenn ihr das Leben eines gezeigt hat, dann das: durch Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit kommt man weit. „Wenn man etwas wirklich will, erreicht man es. Dann ist nichts unmöglich.“ Die Tierärztin ist dankbar, „dass sich meine innigsten Wünsche erfüllt haben und ich immer auf mich und nicht auf andere Leute gehört habe“.
