Dann weiß ich schon: die Herta
Letzte Woche las ich in der Zeitung, es gäbe viele Probleme mit den Hunden, die in der Pandemie angeschafft wurden. Sie seien stressanfälliger, zu wenig trainiert und viele hätten nie gelernt, allein daheim zu bleiben. Nach der Pandemie mussten viele der Besitzer wieder ins Büro und waren überfordert mit dem Tier, um das sie sich nun zusätzlich kümmern mussten.
Das hat mich interessiert, weil ja auch wir einen Pandemie-Hund haben. Er hat allerdings rechtzeitig gelernt, auch mal ein paar Stunden allein bleiben zu können, ohne dass er in dieser Zeit durchbellen oder irgendwas zerstören müsste; er legt sich aufs Sofa und schläft, bis man wiederkommt. (Natürlich zur Strafe auf den Teil, auf dem er eigentlich nicht liegen darf.)
Kaum näherte sich jemand dem Gartenzaun, sprintete der Hund kläffend von der Veranda aus los.
Der Hund macht auch sonst kaum mehr Probleme, es ist alles viel einfacher geworden. Der Rückruf funktioniert, er geht, solange keine Katze vor uns den Weg überquert, ohne Gezerre an der Leine und hat endlich aufgehört, alle anzubellen, die an unserem Garten vorbei gehen oder radeln.
Das ist gut. Unsere Nachbarn bewiesen im ersten Sommer, als wir den Hund hatten, starke Nerven: Kaum näherte sich jemand dem Gartenzaun, sprintete der Hund kläffend von der Veranda aus los, ich brüllte dem Hund hinterher, der Hund sprang am Zaun hoch, die Radler erschreckten sich und fluchten völlig zu Recht in unseren Garten hinein.
So geht es natürlich nicht. Vorletztes Jahr war es schon etwas besser, und seit letztem Sommer, nach einer Tonne Belohnungsleckerlis und viel Konsequenz, bleibt der Hund jetzt entspannt auf der Veranda liegen, wenn jemand unseren Gartenzaun passiert. Der Hund kläfft nicht, ich muss nicht brüllen, die Nachbarn haben Ruhe.
Außer jetzt, die Herta radelt vorbei. Dabei ist die Herta eine der Nettesten: Sie steckt das Pfarrblatt in die Briefkästen und sammelt für die Caritas, sie ist immer freundlich, redet über alle nur gut und baut auf ihrem Feld fantastische Erdäpfel an. Dem Hund ist das egal, seit die Herta einmal beim Sammeln einfach wie früher den Garten betreten hat, in Begleitung ihres Hundes, einem freundlichen, zotteligen Bodasurri.
Das war meinem Hund nicht wurscht, und er hat es der Herta bisher nicht verziehen. Wenn die Herta mit ihrem Rad durchs Dorf fährt, wittert das der Hund auf einen Kilometer. Wenn der Hund – wie unlängst, am ersten sonnigen Nachmittag des Jahres, an dem man schon draußen sitzen konnte – von der Veranda los sprintet, weiß ich schon: die Herta. Ich brüll den Hund zurück, der Hund rennt kläffend den Gartenzaun entlang, ich rufe der Herta eine Entschuldigung nach, die Herta lacht und ruf: macht nichts!
Aber mir macht’s was! Sorry!
Passt auf: Heuer, das wird der Sommer, wo wir auch das in den Griff kriegen. Es wird so ruhig sein bei uns, ihr spürt uns gar nicht.
Doris Knecht
doris.knecht@vn.at
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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