Die furchtbare Feuersbrunst in Fraxern

Ein historischer Beitrag aus der Vorarlberger Landes-Zeitung vom 19. April 1934.
Bregenz 18. April. Heute Vormittag verbreitete sich in Bregenz die schreckliche Kunde, dass Fraxern brenne. Jemand aus Altenstadt hatte telefoniert. Von dort aus sieht man in das schön gelegene Fraxern hinaus und der gewaltige Brand, der Fraxern heimsuchte, musste von dort aus bemerkt werden.

Bald kamen genauere Nachrichten aus Weiler; es hieß, dass 10 bis 15 Häuser in Flammen stehen und dass der Wald von Fraxern brenne.
Die Vorarlberger Landesregierung, die im Regierungsgebäude in Bregenz versammelt war, unterbrach die Sitzung und ein rascher Wagen führte den Landesstatthalter Dr. Troll und die Landesräte Böhler und Vögel durch die prangenden Orte im Rheintal hinauf. Bei Götzis stieg eine Rauchfahne über die Höhen, ein grauer Schleier, anders als die leichten Wolken, die am Rande der Sichtweite standen. Wer von dem Brande wusste, der konnte den feinen Schleier deuten.

In Weiler begegneten die Herren von der Landesregierung schon dem Bezirkshauptmann Graf von Feldkirch, der bereits die dringendsten Anordnungen getroffen hatte. Die schmale Straße nach Fraxern drohte verstopft zu werden, denn von allen Seiten kamen Kraftwagen, Krafträder, Räder und Fuhrwerke. Ein Posten sperrte die Straße allen Unberufenen. Feuerwerhrgerät stand an den Straßen, das auf den Höhen nicht zu gebrauchen war. Rasch fuhr der Wagen die steile Straße hinauf. Rauch füllte das Tal zwischen Fraxern und Viktorsberg, von starkem Wind weitergetrieben. Oben fing der Buchenwald unterhalb der Straße an zu brennen.
Die ersten Gebäude von Fraxern, die an der Straße standen, waren nur mehr hitzesprühende Gluthaufen. Und nun sah man erst das ganze Unglück. Fünf, sechs Häuser in prasselnden Flammen, die merkwürdig rot in die blaue Luft und in das frische Grün der Wiesen loderten. Auf den Dächern der noch stehenden Häuser stehen Feuerwehrleute und Bauern und wehren dem Weitergreifen des Feuers. An dem kleinen Bache, der durch das Dorf läuft, taucht eine Motorspritze – sie gehört der Feldkircher Feuerwehr – und speit so viel Wasser, als das Bächlein eben führt, gegen die Häuser. Es ist wenig, allzu wenig. Weiter oben gegen die Kirche zu lodernde Brände!

Das Pfarrhaus brennt wie eine Fackel und weiter oben noch liegen die traurigen Überreste von Häusern, niedergebrannt bis auf den Boden. Die Kamine ragen noch in die Luft und da und dort ein Mauerrest. Aus den Trümmern schimmert es von roter Glut, die immer wieder von einem starken Wind angeblasen wird. Da ist nichts mehr zu retten.
Der ganze Eifer der Feuerwehren setzt sich bei der Häusergruppe unter der Kirche an und es gelingt das schier Unmögliche. Das Feuer überspringt die Gruppe. Weiter unten brennt und raucht es, oben speien die brennenden Häuser Gluten in die Luft und der Wind trägt sie über die Dächer und bringt alles Brennbare in höchste Gefahr. Die Kirche steht etwas seitwärts und außerhalb der Windrichtung.
Um halb 9 Uhr begann der Brand oben im Dorfe im Hause Nr. 52. Rasch trieb der Wind die Gluten in die nächsten Häuser und zwei Stunden später lagen 33 Gebäude in Asche. Dass es trotz des Windes und trotz des Wassermangels nicht noch ärger wurde, als es ist, das verdankt Fraxern der tapferen und zielbewussten Arbeit der Feuerwehren, die in Ruhe und mit Überlegung alles taten, was nur irgendwie möglich war. Gegen 11 Uhr kommt Hilfe. Der Herr Landesstatthalter hatte vor 10 Uhr die Garnisonen in Feldkirch und Bregenz aufgerufen. Die ersten Abteilungen des Bundesheeres, die von Feldkirch kamen, gingen dem Waldbrande unterhalb der Straße zuleibe und in kurzer Zeit hatten sie ihn gelöscht.

Um Mittag, als die ärgste Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Feuers eingedämmt war, konnten die frischen Kräfte des Bundesheeres eingesetzt werden. Sie haben noch genug zu tun. Das Bundesheer wird auch die Verpflegung der Abbrändler und der Feuerwehren besorgen.
Ein wüster Trümmerhaufen ist ein großer Teil des blühenden Dorfes Fraxern geworden. Auf den Feldern und im Friedhofe liegt die Habe der Abbrändler, bewacht von Heimatdienstleuten. Betten, Kästen, Geschirr, das liegt alles wüst durcheinander. Die Bäume, die eben sich zum Blühen anschickten, recken schwarze Äste in die Höhe, verbrannt und tot. Nur weiter weg von den Brandstätten springen eben die Knospen der Kirschbäume auf.
Niemand jammert, niemand schreit
Die Fraxner sind harte Bergbauern. Das furchtbare Unglück, das sie betroffen und in kurzen zwei Stunden so viel Elend und Not über sie gebracht hat, bringt sie nicht aus der Fassung. Sie kämpfen um das, was noch zu retten ist und im Übrigen tragen sie das Unglück mit würdiger Fassung. Niemand jammert, niemand schreit in all dem Unglück, man sieht nur da und dort nasse Augen.
Die Kunde von dem Brande von Fraxern war rasch durch das ganze Land gedrungen. In den ersten Nachmittagsstunden wird die Straße nach Fraxern schwarz vom Gewimmel der Menschen, die hinaufeilen, um an Ort und Stelle das Furchtbare zu sehen, von dem sie hörten. Tausende ziehen nach Fraxern voll Mitgefühl mit dem armen Dorfe, das die Feuersnot so fürchterlich heimgesucht hat.
![[Fraxern]](/2024/04/430000019023-Kopie-1-768x496.jpg)
Ein Trost in allem Leid: Es ist niemand an Leib und Leben zu Schaden gekommen, soviel bis jetzt bekannt ist. Wie leicht das hätte sein können, davon erzählte ein Feuerwehrmann. Ein Haus, das schon in Brand geraten war, wurde noch geräumt. Eine Frau hätte noch gerne einen Stoß Wäsche aus einem Kasten gehabt und der Feuerwehrmann riss den Kasten auf. Ein vierjähriges Büblein war im Kasten, wohin es sich aus Furcht vor dem Feuer geflüchtet hatte. Es kam noch heil aus dem brennenden Hause.
Der Schaden ist groß. Die Häuser seien zwar versichert, so erzählte man, aber zu gering versichert. Es wird Hilfe brauchen, das arme Fraxern. Und es wird sie finden.


Katastrophentourismus und Wiederaufbau
Vor 90 Jahren, am 18. April 1934, ereignete sich eine der größten Brandkatastrophen in der Geschichte Vorarlbergs: Feuer vernichtete 32 Häuser in der Gemeinde Fraxern. Ein Mensch kam ums Leben.

Das Feuer brach gegen 8 Uhr in einem Waschhaus aus. Unglücklicherweise blies zu diesem Zeitpunkt ein heftiger Föhn. Glühende Funken sprangen auf ein Haus über und setzten es in Brand. Buchstäblich in Windeseile breiteten sich die Flammen aus. Ein Haus nach dem anderen fing Feuer. Starker Rauch machte die Männer auf den Almen stutzig. Die Ahnung eines Brandunglücks jagte sie in unglaublich kurzer Zeit ins Dorf hinunter – das sie großteils nur noch als Rauch- und Feuerstätte vorfanden.

Bereits tags darauf warben Busunternehmer mit einer Fahrt zum Ort des Geschehens. Für 3 Schilling konnte man vom Bregenzer Kornmarktplatz nach Fraxern und wieder retour fahren (siehe Anzeige).

Am Wiederaufbau der Gemeinde waren an die 300 Maurer, Tischler, Dachdecker, Schlosser etc. beteiligt. Sie arbeiteten Tag und Nacht und konnten so innert sechs Monaten 26 Bauernhäuser, einen Stall, zwei Gasthäuser, den Pfarrhof und die Schule samt Gemeindehaus wieder errichten. Die Kosten des Wiederaufbaus konnten vor allem durch Spenden gedeckt werden.
