301 Lebensjahre unterwegs

Vorarlberg / 30.09.2024 • 17:25 Uhr
Russausfahrt – Interview Senioren, SeneCura Bludenz, Seniorin EINS
Kleopha Schorn mit Tochter Beatrix, die sie gerne und oft besucht. VN/Steurer

Die 70. Eugen-Russ-Ausfahrt am Dienstag hat ganz besondere Gäste an Bord der „Sonnenkönigin“.

Schwarzach Am 20. Oktober 1954 startete beim Jesuheim in Oberlochau eine Initiative, die bis heute nichts von ihrer Bedeutung und Wertigkeit verloren hat. Die Eugen-Russ-Ausfahrt für betagte Menschen nahm Fahrt auf. Damals noch als Autokorso, später ging es per Schiff über den Bodensee. Dabei ist es geblieben. Die 70. Auflage der Eugen-Russ-Ausfahrt findet am Dienstag, 1. Oktober, auf der „Sonnenkönigin“ statt. Noch älter als die Veranstaltung sind drei Teilnehmerinnen. Theresia Lais, Kleopha Schorn und Emma Hoch bringen zusammen 301 Jahre mit und freuen sich, dabei sein zu können.

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Russausfahrt – Interview Senioren, SeneCura Bludenz, Seniorin EINS
Kleopha Schorn posiert vor einem alten Stück Bludenzer Bahnhof.

Mit Laufen fit geblieben

Das Pflegeheim der SeneCura in Bludenz: Im Februar 2024 ist Kleopha Schorn (101) hier eingezogen. „Alles in Ordnung“, gibt sie mit einem schelmischen Rundumblick zu verstehen. Wie viele Frauen ihrer Generation hat Kleopha ihr Leben lang gearbeitet, fünf Kinder großgezogen und mit ihrem Mann Hans in Bludenz ein Haus gebaut. Sie selbst wuchs mit sieben Geschwistern in Braz auf. „Wir waren auch eine große Familie“, bemerkt die rüstige Seniorin. Die eigene umfasst inzwischen acht Enkel und 14 Urenkel. „Dia sind scho liab“, flicht die Oma und Uroma lächelnd ein. Ihr hohes Alter, davon zeigt sich Kleopha Schorn überzeugt, verdankt sie vor allem dem Laufen. Buchstäblich von Kindesbeinen an hieß es für sie, die Füße in die Hände nehmen. „Wir mussten oft in die Kirche“, erzählt Kleopha. Das bedeutete eine halbe Stunde den Hügel hinunter und danach wieder hinauf. „Das hat mich fit gehalten.“ Ein Schambeinbruch zwang die alte Dame im Sommer in den Rollstuhl. Doch sie kämpft um ihre Mobilität.

Die Vergangenheit betrachtet sie mit mildem Blick. „Wir haben mit wenig gelebt, und es reichte“, sagt sie. Natürlich sei es schön, alles zu haben, doch Kleopha Schorn sieht auch die andere Seite des Wohlstands: „Wir nehmen zu viele Ressourcen von der Erde“, ergänzt sie kritisch. Sie erfreut sich heute am Kartenspiel, das sie immer noch meisterhaft beherrscht, am Singen, das ihr immer noch flott über die Lippen kommt, am Lesen und an den Besuchen ihrer Familie.

Russausfahrt – Interview Senioren, SeneCura Lauterach
Theresia Lais genießt es, im Alter betreut und umsorgt zu werden.

Der Liebe wegen ins Ländle

Theresia Lais sortiert Knöpfe, die bunt durcheinander in einem Karton liegen. Sie tut es konzentriert und bedächtig. „Ich kenne keine Langeweile“, sagt sie mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel. Am 29. April 2024 wurde Lais 100 Jahre alt. „Das ist schon eine Leistung“, merkt die Seniorin schmunzelnd an und meint dann noch keck: „Darauf kann ich ein bisschen stolz sein.“ Theresia Lais stammt aus Klosterneuburg. Nach Vorarlberg kam sie der Liebe wegen. „Helmut war Bregenzer“, erzählt sie. Auch ihr hat es hier gefallen, und sie blieb. An die vielen Jahre an seiner Seite denkt sie gerne zurück. „Mein Mann war eine Seele von einem Menschen“, sagt Theresia. Fotos halten die Erinnerung an ihn lebendig.

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Ihr langes Leben bescherte Theresia Lais viel Freude, aber auch Leid. Sie selbst spricht einfach nur von guten und bitteren Jahren. Von letzteren blieben ihr besonders die hohe Arbeitslosigkeit nach dem Krieg im Gedächtnis. Doch sie hält sich nicht lange damit auf. „Es gab sehr viel mehr Schönes“, sagt sie und will deshalb auch nicht jammern: „Wie es ist, ist es gut.“ Eine tiefe Ruhe liegt auf dem von den Jahren geprägten Gesicht. Seit Oktober 2023 wohnt Theresia Lais im Pflegeheim der SeneCura in Lauterach. Sie fühlt sich dort wohl und gut umsorgt. „Ich bin zufrieden“, lässt sie dieser Feststellung ein zustimmendes sanftes Nicken folgen. Mit Stolz spricht sie auch von ihrem Sohn, der sie mit seiner Familie, zu der noch drei Enkelkinder gehören, so oft es geht besucht. Die Mutter zeigt Verständnis, wenn es einmal nicht klappt. „Kinder haben ihr eigenes Leben.“ Sie respektiert das mit der Weisheit von 100 Lebensjahren.

Russausfahrt – Interview Senioren, SeneCura Bludenz, Seniorin ZWEI
Emma Hoch erweist sich noch immer als sehr aufgeweckte Gesprächspartnerin.

Eierlikör für die Geburtstagsrunde

Im September ist Emma Hoch 100 geworden. Selbstredend wurde im Pflegeheim der SeneCura in Bludenz, wo die betagte Dame seit sechs Jahren lebt, ein großes Fest veranstaltet mit Eierlikör für die ganze Runde. „Den mag unsere Emma“, verrät eine Betreuerin im Vorbeigehen. Hatte sie auch einen Geburtstagswunsch? Emma Hoch winkt ab: „Ich brauche nichts. Ich bin zufrieden mit meinem Leben.“ Gesund bleiben ist alles, was sie möchte. Emma stammt aus Dalaas. Über 50 Jahre war sie mit ihrem Mann Egon verheiratet. Sie denkt oft an ihn. Auch während des Gesprächs fällt sein Name immer wieder wie ein Erinnerungstropfen in die Erzählungen. Die lange Ehe krönten vier Kinder. Dazu gesellten sich mit den Jahren sieben Enkel und drei Urenkel. „Wir hatten es nie schlecht“, resümiert Emma. An Kaffee und Riebel fehlte es nie. Arbeit prägte aber auch ihr Leben. Sie arbeitete lange im Montafon, im Klostertal bei einer Kriegerwitwe mit vier Kindern, mit der sie bis zu deren Tod in Kontakt stand, in einer Backstube und einer Reinigungsfirma.

Emma Hoch ist auch heute nicht untätig. Gerne hilft sie beim Wäsche zusammenlegen. Sie liest täglich die Zeitung, um informiert zu bleiben, ist bei Sing- und Turnstunden dabei und überhaupt bei allen Festen. „Wenn es nur alle Menschen so gut hätten wie ich“, sinniert sie. Im Pflegeheim gefällt es Emma, weil: „Man ist gut betreut und gut versorgt.“  Sie lässt der Feststellung ein spitzbübisches Lächeln folgen.