„Schon kleine Abweichungen machen extrem viel aus“

Ab Sonntag ticken die Uhren wieder anders. Warum sich Schlafmedizinerin Tamara Hernler auf die Winterzeit freut.
Schwarzach Es ist wieder so weit: In der Nacht auf Sonntag (27. Oktober) werden die Uhren von 3.00 auf 2.00 Uhr zurückgestellt. Die Sommerzeit endet, die Winterzeit beginnt. Oberärztin Tamara Hernler, Leiterin des Schlaflabors im LKH Hohenems, erläutert im VN-Interview, warum bereits eine kleine Stunde einen großen Unterschied machen kann.

Frau Hernler, freuen Sie sich schon auf die Winterzeit?
Tamara Hernler Ja, definitiv. Dann ist mein Biorhythmus endlich wieder im Gleichklang. Es gibt ja Leute, die sagen, sie merken nichts, aber ich persönlich merke sehr deutlich, dass während der Sommerzeit meine innere Uhr nicht ganz im Takt ist. Wenn wieder auf Winterzeit umgestellt wird, was eigentlich unserer normalen Zeit entspricht, läuft mein Biorhythmus wieder so, wie er sollte. Ich wäre froh, wenn es die Zeitumstellung nicht mehr geben würde.
Gibt es Menschen, die besonders empfindlich auf die Zeitumstellung reagieren?
Hernler Es gibt die sogenannten Eulen, die am Abend am aktivsten sind, die sich schwertun, früh ins Bett zu gehen und die richtige Morgenmuffel sind. Und es gibt die sogenannten Lärchen, die absoluten Frühaufsteher, die am Morgen am fittesten sind und die auch gut früh ins Bett gehen können. Eulen, wie ich, wir freuen uns auf die Umstellung auf die Winterzeit, weil wir eine Stunde dazubekommen und eine Stunde länger schlafen dürfen. Die Sommerzeit ist für uns der Graus, weil man uns eine Stunde nimmt und wir noch eine Stunde früher aufstehen müssen.
Viele sagen, das ist ja nur eine Stunde. Warum kann die trotzdem einen so großen Unterschied machen?
Hernler Weil wir einfach eine innere Uhr haben, einen zirkadianen Rhythmus und diese innere Uhr ist auf den Tag-Nacht-Rhythmus abgestimmt. Schon kleine Abweichungen machen da extrem viel aus, weil unser ganze Biorhythmus durcheinanderkommt. Wenn man das dauerhaft macht, hat das auch gesundheitliche Folgeerscheinungen.
Welche Folgen kann das haben?
Hernler Das hat körperliche Folgen und das hat psychische Folgen. Man weiß, dass es Leute gibt, die nach der Zeitumstellung, bis sich ihr Rhythmus wieder halbwegs eingerenkt hat, auch häufiger mal an Depressionen leiden. In Russland zum Beispiel haben sie vor vielen Jahren die Zeitumstellung abgeschafft und sich auf eine dauerhafte Sommerzeit geeinigt. Ihnen ist dann relativ schnell aufgefallen, dass es sehr viel mehr psychische Erkrankungen gibt. Als sie daraufhin auf dauerhafte Winterzeit umgestellt haben, hat man relativ schnell gesehen, dass wieder deutlich weniger Leute an diesen Problemen leiden. Und allgemein: Jeder weiß, wenn man einmal zwei, drei Nächte hintereinander nicht gut geschlafen hat, dass man einfach nicht mehr so fit ist. Wenn man das ständig hat, macht das mit der Zeit wirklich große Probleme. Für Leute, die zu psychiatrischen Erkrankungen neigen, kann das unter Umständen auch ein Trigger sein, dass so eine Erkrankung ausbricht.
Kann man sich auf die Zeitumstellung vorbereiten?
Hernler Es ist im Prinzip wie ein kleiner Jetlag und man kann sich natürlich darauf vorbereiten, indem man seinen gewohnten Zu-Bett-Geh-Rhythmus und Aufsteh-Rhythmus einfach ein paar Tage davor immer um 15 Minuten nach vorne oder nach hinten verschiebt. Im Regelfall ist die Umstellung von der Sommer- auf die Winterzeit viel einfacher als von der Winter- auf die Sommerzeit und für die meisten ohne Probleme zu bewerkstelligen.
Ihre Empfehlung für Sonntag: Den Wecker stellen oder ausschlafen?
Hernler Da gibt es nicht wirklich eine reguläre Empfehlung. Ich persönlich stelle mir definitiv nicht den Wecker, weil ich froh bin, dass ich eine Stunde länger schlafen kann. Aber das kann sich im Prinzip jeder so richten, wie er möchte. Man kann ja auch am Wochenende, wenn man nicht früher aufstehen muss und nicht im Alltagsrad drinnen ist, auch mal eine Stunde länger schlafen. Wenn es einem aber wichtig ist, dass man für den Montag gut gerüstet ist, dann kann man sich natürlich sehr wohl den Wecker stellen.