Lecher Bürgermeister hat genug von Oppositions-Listen und will Mehrheitswahl

Vorarlberg / 27.11.2024 • 16:08 Uhr
Lecher Bürgermeister hat genug von Oppositions-Listen und will Mehrheitswahl
Bürgermeister Gerhard Lucian hat sich mit einem Brief an die Bevölkerung gewandt. Darin bittet er um Unterstützung für einen Wechsel von einer Listen- zur Mehrheitswahl.

“Konflikte, Spaltung und zu viel Öffentlichkeit”: Gerhard Lucian will bei den Gemeindewahlen im März zurück zu einer bereits früher praktizierten Wahlform. Opposition zeigt sich über den Vorstoß verwundert.

Lech Manche in Lech haben den Postwurf bereits erhalten, anderen wird er in den nächsten Tagen zugestellt. Gerhard Lucian, Bürgermeister des Tourismusortes, wendet sich mit einem Appell an die rund 1600 Einwohner. Er wirbt um die Unterstützung für die Rückkehr von einer Listen- zur Mehrheitswahl und lässt kein gutes Haar an der seit 2020 in der Gemeinde angewendeten Wahlform. Sie habe zu Konflikten, Spaltung und einem Auseinanderdriften in der Gemeindevertretung gesorgt, schreibt der Ortschef. Dass Themen aus der Gemeindestube immer wieder den Weg an die Öffentlichkeit finden, ist Lucian ebenfalls ein Dorn im Auge. Er hat genug von den oppositionellen Listen und deren Querschüssen, wie er auch im Gespräch mit den VN sagt. “Die Probleme, so es denn welche gibt, sollten in Lech besprochen und gelöst werden. Und sie sollten auch hier bleiben. Da braucht es nicht das ganze Land.”

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Lech kommt nicht aus den Schlagzeilen. Der Bau der Lechwelten hat den Finanzen erheblich zugesetzt und beschäftigt auch die Abteilung Gebarungskontrolle des Landes. VN/Steurer

Das trifft wohl auch auf sein jetziges Vorpreschen zur Änderung der Wahlform für die anstehenden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen im März 2025 zu. Der Kreis derjenigen, die informiert waren, dürfte eher klein gewesen sein. Die Opposition zeigt sich jedenfalls “verwundert”, wie es Gemeinderat Stefan Muxel von der Liste “Unser Dorf” formuliert, oder “erstaunt”, wie Brigitte Finner (Liste Zukunft wagen) sagt. “Der Bürgermeister hat den Wahlkampf zu einem Zeitpunkt eröffnet, wo wir gerade gemeinsam in Gesprächen sind, was auf Sachebene für Lech das Beste wäre”, sagt Muxel. Auch Brigitte Finner würde sich lieber über Sachthemen austauschen, als über die Art der Wahlform zu diskutieren.

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Themen gibt es in Lech reichlich. Einige haben zuletzt auch für Schlagzeilen gesorgt. Das Mega-Projekt “Dorfhus und Lechwelten” hat den Finanzen der Gemeinde erheblich zugesetzt, die Lech-Zürs Tourismus GmbH. ist hoch verschuldet und deren Geschäftsführer vor der vorzeitigen Ablöse. Die wirtschaftliche Lage kann jedenfalls als prekär beschrieben werden und beschäftigt den Landesrechnungshof ebenso wie die Abteilung Gebarungskontrolle des Landes. Die Probleme Lechs haben längst die Gemeindestube verlassen – auch was ihre Dimensionen betrifft. Die Opposition macht sich für Transparenz stark und nimmt die regierenden Listen in die Pflicht. “Wenn da etwas falsch läuft, dann liegt das nicht an der Opposition, sondern an der Medienarbeit der Regierenden”, so Brigitte Finner.

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Lech ist in einigen Belangen ein Sonderfall und zieht das Interesse vieler auf sich. Auch jenes der Medien. Ob die Wahlform etwas daran ändert? Unklar. “Es ist überhaupt nicht gesagt, dass bei einem Mehrheitswahlrecht einzelne Gemeindevertreter nicht auch Informationen nach Außen tragen. Es können also ähnliche Konflikte auftreten”, sagt Verfassungsjurist Peter Bußjäger. Es gehe also weniger um die Wahlform als die handelnden Personen. Grundsätzlich sieht der Experte für die Gemeinde “technisch” aber durchaus die Möglichkeit einer Mehrheitswahl. Lech sei klein genug, jeder kenne hier jeden. Lech wäre eine von einem Dutzend Gemeinden im Land, die so wählen. “Ein Vorarlberger Spezifikum”, beschreibt Bußjäger. Auf einem leeren Papier kann jeder Bürger gewählt werden. Jene, die es in die Gemeindevertretung schaffen, wählen schließlich aus ihren Reihen den Bürgermeister.

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Gerhard Lucian ist davon überzeugt, dass die Mehrheitswahl für Lech die beste Wahl sei. Dann gebe es auch keine Parteipolitik mehr und es würden sich wieder die besten Köpfe für den Ort einsetzen. Ob es dazu kommen wird, ist unterdessen offen. Sobald eine Liste bis 60 Tage vor dem Wahltermin eingebracht wird, führt kein Weg an einer Listenwahl vorbei. Die Opposition lässt sich noch nicht in die Karten blicken. Lucian möchte in jedem Fall wieder antreten und sich für eine weitere Amtszeit bewerben.