Strompreisschock
SPÖ-Chef Andreas Babler wird die Aussage wohl noch bereuen, sofern eine Dreiparteienkoalition zustande kommt und er Vizekanzler wird: Ziel müsse es sein, das Leben der Österreicherinnen und Österreicher wieder leichter zu machen, hat er zum Auftakt der Verhandlungen erklärt. Das wird unmöglich. Und es ist nur ein schwacher Trost für Babler, dass nicht er, sondern bisher Regierende die Hauptverantwortung dafür tragen: Mit Jahresbeginn werden die Strompreise bundesweit kräftig zunehmen. Von 40, 50 Prozent plus ist alles in allem auszugehen, die Vergleichsplattform „Durchblicker“ rechnet mit Mehrkosten von bis zu 725 Euro für einen durchschnittlichen Familienhaushalt.
Zurückzuführen ist das darauf, dass Preisbremsen aufgehoben und Netzgebühren angepasst werden. Getan wird das, weil die Zeiten extremer Teuerungsraten vorbei sind. Man könnte auch sagen: Was man die Preise durch staatliche Interventionen in der Vergangenheit weniger stark steigen lassen hat, lässt man sie jetzt in der Annahme klettern, dass es den Leuten aufgrund von Lohn- und Pensionsanpassungen zumutbar sei.
„Auf breites Verständnis dafür können Regierende, auf Bundesebene also noch ÖVP und Grüne, nicht zählen.“
Auf breites Verständnis dafür können Regierende, auf Bundesebene also noch ÖVP und Grüne, nicht zählen. Im Gegenteil: Sie haben es verabsäumt, von vornherein zu kommunizieren, worum es bei den Hilfen geht. Erstens: Eine Abfederung in einer Notlage, in der viele Haushalte, aber auch Unternehmen, vorübergehend existenziell darauf angewiesen sind. Zweitens: Maßnahmen, die aus öffentlichen Budgets bzw. auf Pump finanziert werden, letzten Endes also von allen getragen werden müssen.
Verhängnisvolle Tendenzen, populistisch zu wirken, haben dazu beigetragen, über derlei hinwegzutäuschen. Schlimmer: Exzessiv ist dabei ein „Koste es, was es wolle“-Ansatz verfolgt werden. Hilfe nur denen, die’s wirklich brauchen? Pfeif drauf. Dabei hat der Fiskalrat (ehemals Staatsschuldenausschuss) extra darauf hingewiesen, dass man sich bei der Strompreisbremse zum Beispiel hunderte Millionen Euro sparen könnte, wenn man sie auf das einkommensschwächste Drittel der Haushalte beschränken würde.
Das Drama nimmt nun seinen Lauf: Die Budgets von Bund und Ländern sind aus dem Ruder gelaufen wie noch selten. Ein Verständnis dafür, dass Hilfen auslaufen, ist in weiten Teilen der Bevölkerung nicht vorhanden. Man ist ja daran gewöhnt worden.
Im Nationalratswahlkampf ist es im Übrigen nicht darum gegangen, wie die Kosten bewältigt werden, die über die bisherigen Krisenjahre zusammengekommen sind. Wo zum Beispiel ernsthaft gespart werden könnte. Karl Nehammer (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ) haben als Kanzlerkandidaten stattdessen einfach nur so getan, als wäre nichts und große Entlastungen versprochen. Babler wiederum hat zwar Steuererhöhungen gefordert, aber auch zusätzliche Ausgaben, sodass das gesamtstaatliche Defizit klar negativ geblieben wäre – und das Leben einer Masse noch lange nicht leichter geworden wäre.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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