“Alpines Gelände kein rechtsfreier Raum” – Wer haftet bei einem Unfall auf der Piste

Vorarlberg / 29.01.2025 • 09:15 Uhr
"Alpines Gelände kein rechtsfreier Raum" - Wer haftet bei einem Unfall auf der Piste
Hanno Waibel und sein Team der Alpinpolizei sind auf den Pisten unterwegs. VOL/Schwendinger, VN/Sohm

“In den Bergen ist Freiheit”, soll die berühmte Bergsteigerin Wanda Rutkiewicz gesagt haben. Ein rechtsfreier Raum ist der Berg jedoch nicht – weder auf noch abseits der Skipiste.

Bregenz “Über die jeweilige Skisaison gesehen bleibt die Anzahl der Unfälle konstant”, betont Kontrollinspektor Hanno Waibel, Landesausbildungsleiter der Alpinpolizei Vorarlberg und Polizeibergführer. Ausreißer gibt es jedoch, etwa bei Schneemangel oder ausgelasteten Skipisten. Wenn der meist dichtere und glattere Kunstschnee dominiert oder Schnee allgemein Mangelware ist, nimmt die Zahl der Bruchverletzungen zu. Besonders stark belastet sind dann die Gelenke, wie etwa das Knie. Hinzu kommen Schulterbrüche bei Stürzen. Stichwort ausgelastete Pisten: Die Alpinpolizisten müssen sich vor allem mit Pistenkollisionen beschäftigen. Als Hotspots gelten dementsprechend insbesondere Pistenkreuzungen in den verschiedenen Skigebieten.

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Eine Frage der Schuld

Grundsätzlich gilt: Die Skiliftbetreiber – also die Unternehmen hinter den Skigebieten – müssen für sichere Pisten sorgen. Zu ihrer Verkehrssicherungspflicht zählt auch der pistennahe Raum. Dazu gehören etwa die Beseitigung von Gefahrenquellen, eine angemessene Beschilderung und die Überwachung, ob die Verkehrssicherheit während des Betriebs gewährleistet bleibt. Der Berg ist jedoch keine Straße, wie Waibel einräumt: “Aufgrund von topografischen Verhältnissen und örtlichen Gegebenheiten ist nicht immer eine perfekte Absicherung möglich.” Bei den Pistenbetreibern stoße man jedoch stets auf ein offenes Ohr, alle Beteiligten seien um maximale Sicherheit bemüht. “Empfehlungen der Alpinpolizei werden stets rasch umgesetzt.”

Hanno Waibel
Hanno Waibel (r.) in seinem Arbeitsumfeld. So entspannt ist es selten für die Alpinisten der Polizei.
BMI Martin Loitlesberger

Nicht zu vernachlässigen sind jedoch die Eigenverantwortung jedes Wintersportlers und die Einhaltung der FIS-Regeln. Zurück zur Kollision: Rechtlich handelt es sich dabei um den Verdacht auf eine fahrlässige Körperverletzung nach § 88 Strafgesetzbuch. “Die Alpinpolizei leistet Erste Hilfe, dokumentiert die Unfallstelle, befragt Zeugen und Beteiligte, sichert Spuren und erstattet Bericht an die Staatsanwaltschaft. Diese entscheidet dann, ob jemand fahrlässig gehandelt hat und es zu einem Verfahren kommt”, fasst Waibel zusammen.

FIS-regeln

  1. Rücksicht auf die anderen.
    Jeder Skifahrer muss sich stets so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
  2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise.
    Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
  3. Wahl der Fahrspur.
    Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.
  4. Überholen.
    Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
  5. Einfahren, Anfahren und hangaufwärts fahren.
    Jeder Skifahrer, der in eine Abfahrt einfährt, nach einem Halt wieder anfährt oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
  6. Anhalten.
    Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.
  7. Aufstieg und Abfahrt.
    Ein Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrtsstrecke benutzen.
  8. Beachten der Zeichen.
    Jeder Skifahrer muss die Markierungen und die Signale beachten.
  9. Verhalten bei Unfällen.
    Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet.
  10. Ausweispflicht.
    Jeder Skifahrer, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.

Beamte auf allen Bergen

Dafür sind in Vorarlberg 40 Beamtinnen und Beamte allein auf den Pisten unterwegs. Hinzu kommen 29 Personen, die den alpinen Raum abseits der Piste abdecken. Dies ermöglicht es, dass zu den Ferienzeiten und an Wochenenden täglich mindestens ein Alpinist in nahezu jedem Skigebiet unterwegs ist. Die Polizei teilt Vorarlberg in zwei Bereiche, in jedem hat dann noch ein Springer Dienst, für das Kleinwalsertal gibt es eine besondere Lösung. “Die Aufnahme von jedem Alpinunfall ist daher im gesamten Bundesland gewährleistet”, betont Waibel.

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