Warnpflicht!

Vorarlberg / 05.02.2025 • 14:30 Uhr
Warnpflicht!

Ich war in den letzten Tagen Skifahren. Und ich kam mir dabei vor wie früher Ende März oder im April. Am Vormittag eisig, am Nachmittag schwerer Schnee. Im Land unten: alles aper. Und das im Hochwinter, Anfang Februar. Und im Jänner? Da gab es neue Höchsttemperaturen. Wie Manuel Oberhuber – Meteorologe beim ORF – auf X am 25. Jänner 2025 schreibt: „Frühlingswetter durch Südföhn: 18.6° heute in Dornbirn, 17.8° in Bregenz. Damit in beiden Städten ein neuer Temperaturrekord für den Monat Jänner.“

“Wir haben schon jetzt Jahresmitteltemperaturen, die in Szenarien OHNE Klimaschutz erst in den Jahren nach 2050 erreicht hätten werden sollen.”

Das passt zu den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft. Zwei bemerkenswerte Untersuchungen sind in den letzten Wochen dazu veröffentlicht worden. Im Fact Sheet #50 „Bestimmung der aktuellen Klimaerwärmung in Österreich“ des Climate Change Centre Austria, das von Barbara Chimani und ihrem Team der Geosphere Austria verfasst wurde, lautet eine der Hauptaussagen: „Neuesten Analysen zufolge ist die Jahresmitteltemperatur bis zum Jahr 2023 in Österreich seit der vorindustriellen Zeit (1850-1900) um 2.9 °C gestiegen.“ Sie schreiben weiter, dass dies um fast 1°C mehr ist, als bisher kommuniziert wurde. Diese neuen Informationen wurden an der Geosphere Austria mit verfügbaren Klimaprojektionen verglichen. Dabei zeigt sich ein aufrüttelndes Bild: Wir haben schon jetzt Jahresmitteltemperaturen, die in Szenarien OHNE Klimaschutz erst in den Jahren nach 2050 erreicht hätten werden sollen. In den Szenarien MIT konsequentem Klimaschutz hätte es gar nicht so weit kommen sollen. Und der aktuelle Trend zeigt steil nach oben. Aber wie kommt diese große Abweichung zustande? Dazu schreibt die Geosphere Austria auch am 8. November 2024 auf ihrer Website: „Nach heutigem Kenntnisstand sind es die notwendigen Luftreinhaltemaßnahmen seit den 1980er Jahren (weniger menschgemachte Aerosole) und eine Abnahme der Bewölkung seit den 2000er Jahren, welche die Erwärmung in Europa zusätzlich verstärken. Diese Prozesse wurden in einigen Klimamodellen bisher nicht ausreichend berücksichtigt.“

Hier kommt die Warnpflicht ins Spiel. Sie verpflichtet dazu, auf erkannte Gefahren und mögliche Risiken klar hinzuweisen. Fachleute mit Zugang zu Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern und im öffentlichen Dienst tätige Expertinnen und Experten sind daher gefordert, diese Informationen weiter zu geben. Sie müssten somit Vorgesetzte, Landeshauptleute sowie Ministerinnen und Minister – und aktuell auch jene, die über eine künftige Regierung verhandeln – umfassend über diese kritische Klimaentwicklung informieren. Zum Schutz der Bevölkerung und unserer Wirtschaft, und zur Sicherung des Gemeinwohls.

Der Vorarlberger Simon Tschannett ist Meteorologe und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Stadtklimatologie.