Flurnamen in Vorarlberg: Vom Rosshimmel bis zu Henkeichen

Über 44.000 Flurnamen sind in Vorarlberg überliefert. Das Land vermittelt diese in einer Online-Karte – und die Namen selbst einen Blick in die Geschichte des Landes.
Bregenz In einer Zeit, als Straßennamen und Hausnummern noch eine Erfindung der Zukunft waren, mussten sich die Menschen anderweitig orientieren. So war es nicht unüblich, dass Gebäude anhand sichtbarer Merkmale mit einem Namen versehen wurden. Oft überschneiden sich Bezeichnungen, viele Flurnamen haben ihre Wurzeln in der rätoromanischen Sprache. Bis heute haben sich aber die Flurnamen gehalten – die einen Blick in die Geschichte Vorarlbergs erlauben.
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Von Grünflächen und Pflanzen
Endet etwa der eigene Ortsteil auf Mahd oder Bündt, darf man getrost davon ausgehen, dass die eigene Straße noch relativ jung ist. Eine Bündt bezeichnet eine Wiese oder Weide, eine Mahd eine zur Produktion von Heu vorgesehene Grünfläche. Wer also etwa im Dornbirner Wallenmahd lebt, darf davon ausgehen, dass seine Heimat in die grüne Wiese gebaut wurde. Noch die Luftbilder aus den 1930er-Jahren zeigen, dass zwischen dem Haslach und Unterklien vor allem Grünflächen waren. Diese haben sich im Flurnamen erhalten.

So mancher wohnt im Hanfland oder in den Hanfländer. Diesen Flurnamen findet sich etwa in Altach, Frastanz oder Göfis. Zwar war es damals auch als schmerzlindernd bekannt, der Anbau von Hanf hatte jedoch meist pragmatischere Gründe: Seit Alters her ist es ein wichtiger Rohstoff für Seile, Kleidung oder als Dämmstoff im Bauwesen. Schollengraben etwa zeigt einen Ort, an dem der als Brennstoff wichtige Torf abgebaut wurde. Auch Sandgruben und Lehmlöcher finden sich in allen denkbaren Schreibweisen im ganzen Land und deuten auf wichtige Rohstoffquellen hin.
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Rosshimmel und Richtstätten
Andere Flurnamen erinnern an historische Verwendungen. So finden sich immer wieder Orte namens Rosshimmel (oder Roßhimmel). Hier an einen Pferdefriedhof zu denken, wäre jedoch falsch. Vornehmlich landete ein Pferd beim Abdecker zur Weiterverwertung und nicht unter der Erde. Nur bei hygienischen Bedenken, etwa bei einem verunglückten oder krankem Pferd, wurde der Kadaver verscharrt. Vielmehr weist der Name auf einen Weidegrund hin oder auf ein Anbaugebiet für Pferdefutter. Auch Rossboden ist ein häufiger Name für eine Pferdeweide.
Andere Flurnamen zeugen von einer dunkleren Geschichte. Bei Hörbranz fließt der Ritelebach durch die Hochreute. Alte Leiblachtaler kennen das Gebiet auch als Henkeiche oder Galgenbichl. Es benötigt wenig Fantasie, um diese Flurnamen mit einer Richtstätte in Verbindung zu bringen. Zwischen Berg und dem Kloster Maria Stern findet sich die nächste Henkeiche, bei der Klausmühle ist mit dem Galgenbihl die Richtstätte der Stadt Bregenz, der Hohenemser Galgen stand an der Diepoldsauer Straße. Die letzte öffentliche Hinrichtung Vorarlbergs fand jedoch in Göfis statt: Joseph Gasser wurde am 9. September 1864 auf der Seewiese im Steinwald in der Gemeinde Göfis am Galgen hingerichtet – an ihn erinnert der Flurnamen Gasserplatz für diesen Bereich.
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Die etwa 44.000 Flurnamen Vorarlbergs wurden von Werner Vogt gesammelt und kartografisch erfasst. Lange gab es diese nur als Vorarlberger Flurnamenbuch. Das Land Vorarlberg hat diese Namen als Punkte verortet und in Zusammenarbeit mit Werner Vogt 2014 einer Aktualisierung unterzogen und in einer Karte gesammelt. Die Vorarlberger Flurnamen sind außerdem seit 2011 ein Teil des Immaterielles Kulturerbe der UNESCO.