Doris Knecht

Kommentar

Doris Knecht

Das Ende der Verdornröslichung

Vorarlberg / 04.03.2025 • 08:05 Uhr

Tagsüber regiert schon der Frühling, aber nachts hat immer noch der Winter die Hosen an. Minus acht Grad zeigt das Thermometer vor meinem Fenster, der Frost zuckert den Garten, indem ich mich am Wochenende schon wichtig machte und Zeug ausriss. Die vielleicht beste Anschaffung des letzten Jahres: die ellbogenlangen Lederhandschuhe. Nicht zu modischen Zwecken, sondern weil das Internet behauptete, das sei das beste Werkzeug zur Beseitigung von wilden Brombeeren.

Die geneigten Leserinnen dieser Kolumne verfolgen meinen Kampf gegen die Wilden Brombeeren und gegen die Verdornröslichung meines Hüsles am Land schon lange. Weil mein Grundstück an mehreren Seiten an ungezähmte Natur grenzt, haben die Brombeeren freie Hand, um ihre dorningen Finger durch Zäune und Gebüsch hindurch in meine Erde zu graben, und kaum schaut man einmal in die andere Richtung – ihr kennt das. Aber was neu ist an dem Gerangel mit der Brombeere: Jetzt gewinne ich es. 

Bisher zog ich mir zog ich mir drei Paar Arbeitshandschuhe übereinander an und wurde dann trotzdem von diesen elendiglichen Dornen gepiesakt und blutig gestochen. Eine Arbeit, die einem blutige Finger macht, tut man nicht gern, schaut daran vorbei, schiebt sie hinaus, bis einem die Brombeerbüsche buchstäblich über den Kopf wachsen.

Irgendwann war klar, so geht es nicht weiter. Ich googelte: „Wilde Brombeeren entfernen“ und kam sofort auf Seiten, in denen das Wort „entfernen“ durch „bekämpfen und vernichten“ ersetzt war und wo mit unlauteren, weil hochgiftigen und extrem umweltschädlichen Mitteln gearbeitet wurde. Das kommt natürlich nicht in Frage, also weitergeschaut, und endlich lernte ich, dass etwas derartiges wie Dornen-Handschuhe existiert. Jaaaaa, hätte ich auch früher schnallen können! Ich verglich die Handschuhe und kaufte dann um zwanzig Euro die mit den besten Bewertungen: knallgelbe Lederhandschuhe, die unter den Ellbögen mit einer Schnur festgezurrt werden. 

Als ich sie zum ersten Mal ausprobierte, um die Brombeere zu stoppen, die sich unbemerkt und völlig illegalerweise in meinem Holderbusch breit machte, fand ich die Handschuhe beunruhigend dünn. Ich rechnete mit den üblichen zerstochenen Fingern und ging deshalb sehr zaghaft ans Werk, dann entschiedener, schließlich ganz beherzt, und was geschah? Selbst die boshaftesten Dornen waren chancenlos, die forsch sich ausbreitende Brombeerkrake war im Nu ausgerissen.

Und das wars jetzt für die wilden Brombeeren auf meinem Grund. Denn neben jeder Tür und im Schuppen hängt jetzt ein Paar dieser Handschuhe, und wenn ich auch nur einen dieser dorningen Trieb und diese charakteristischen Blätter irgendwo erspäh: Tschüssi, Baba und Servus, mit mir sicher nicht mehr.

Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.