Gedanken zum Sonntag: Glauben zu können ist ein Geschenk

Vorarlberg / 23.03.2025 • 07:50 Uhr
Gedanken zum Sonntag: Glauben zu können ist ein Geschenk
VN/Paulitsch

Von Renate Stadelmann, Seelsorgerin im Hospiz am See, Kinder-, Jugend- und Familientrauerbegleiterin.

Ich falle mit der „Tür ins Haus“ und lade Sie ein, mit mir in zwei berührende Begegnungen einzutauchen. Die erste Begegnung war in St. Arbogast, beim THEO Forum. Das ist eine Veranstaltung der Diözese. Da werden Maturant*innen soziale und kirchliche Berufe nähergebracht, um sie in der Berufungs-Findung zu unterstützen. 500 junge Menschen sind dieser Einladung gefolgt. Vielleicht können Sie sich vorstellen, was für eine geballte Energie und Lebensfreude durch das ganze Haus strömte. (Mehr Infos unter: theo-forum.at)

Gedanken zum Sonntag: Glauben zu können ist ein Geschenk
Theo-Forum

Zwischen Talks und Gesprächen mit verschiedenen Persönlichkeiten besuchten die Jugendlichen die Marktstände der verschiedenen Berufe. Sie hatten zur Aufgabe, an den Marktständen Quiz-Fragen zu beantworten. Voller Eifer und Interesse wurden Stempel und Punkte gesammelt. Schließlich wollten alle mit einem Gewinn nach Hause gehen.

Gebet als Hilfe und Stärkung

Am Marktstand der kirchlichen Berufe durfte ich die Fragen über die Aufgaben und Tätigkeiten einer Krankenhausseelsorgerin beantworten. Es waren anregende Gespräche, auch über Empathie und Kraftquellen. Ein Gespräch hat mich besonders berührt und hat noch eine Zeit lang in mir nachgeklungen.

Ein Jugendlicher, ich nenne ihn Max, hat es sehr bedauert, dass seine Eltern ihm keinen Glauben weitergegeben haben. Sie haben es Max auch nicht ermöglicht, Glaube zu erfahren, eine Kraftquelle zu suchen und zu finden. Mama und Papa bezeichnen sich als Atheisten, Max wurde nicht getauft und nicht gefirmt. Vom Religionsunterricht wurde er abgemeldet. Max könne später selbst entscheiden, welcher Religion er angehören wolle. Er solle nicht irgendwo hinein „gedrängt“ werden. Nun frage er sich immer wieder: was soll ich entscheiden? Er kenne keine Religion so gut, dass er sich entscheiden könne. Vor allem meinte er, ihm würden das Fundament, die Wurzeln und das Vertrauen fehlen.

Max erzählte auch, dass sein bester Freund gläubig sei. Vor einer Schularbeit oder sonst einer schwierigen Aufgabe würde er im Stillen beten. Zudem würden seine Mama und Oma und Opa auch für ihn beten.

Max wäre manchmal neidisch, er würde sich diese Stärkung auch wünschen: In einer schwierigen Situation „jemand oder etwas“ um Kraft und Hilfe bitten zu können.

Glaube gibt Hoffnung

Nun spanne ich einen weiten Bogen in eine Trauerbegleitung eines Elternpaares, deren Kind tödlich verunglückt ist. Einige Wochen nach dem tragischen Ereignis habe ich die Eltern wieder besucht. Sie haben davon erzählt, wie sie dieses schwere Schicksal bisher „überlebt“ und durchgestanden haben. Fragen, Schuld, Angst, Wut und Verzweiflung wechselten sich ab. Seine Mama erzählte von ihrer Hoffnungslosigkeit, sie könne nicht daran glauben, dass die Seele von ihrem Kind an einem guten Ort wäre, wie die Christen das glauben würden. Bis zu diesem tragischen Ereignis habe sie nicht vermisst, dass sie nicht religiös erzogen wurde. Sie wäre ohne Glauben gut zurechtgekommen, sie habe sich auch nie damit auseinandergesetzt. Nun wisse sie nicht, wie sie damit umgehen soll. Gibt es eine Seele? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Wo und wie soll dieser „Ort“ sein?
Zwei völlig verschiedene Menschen, in völlig verschiedenen Lebenssituationen sehnen sich nach Hoffnung, Zuversicht und Geborgenheit. Sehen sich nach etwas göttlichem, etwas das trägt.

Eltern sind die ersten Glaubensleherer*innen

Es ist Aufgabe der Eltern, Großeltern und Paten, in die kleinen Menschen Samen für den Glauben legen. Kinder sind für den Glauben sehr offen und leicht zu begeistern. Eltern rüsten die Kinder mit allem Erdenklichen aus und verhelfen ihnen zu einer starken Persönlichkeit. Vielfach entscheidet ihr Umfeld, was sie dazu alles benötigen. Von Sport über Musik bis Kunst, ein breites Spektrum wird ihnen geboten. Doch den Glauben müssen, sollen oder können die Kinder selber suchen und entdecken? Ist das nicht eine zu große Verantwortung, die ihnen zugemutet wird?

Für einander da sein

Auch gläubige Menschen verlieren manchmal den Boden unter den Füßen, zweifeln und hadern mit Gott. Manche wenden sich durch eine Enttäuschung von Gott ab. Das darf auch sein, Gott hält dies aus. ER ist trotzdem da, geht mit uns alle Wege. Für (christlich) Gläubige sehe ich als weitere Aufgabe, suchenden Menschen zuzuhören, mit ihnen im Gespräch zu sein und Zeit zu schenken. Ihren Fragen, Sehnsüchten, und Hoffnungen nachzugehen. Gemeinsam nach Antworten zu suchen, für sie zu beten. Vor allem es auszuhalten, auch keine Antwort zu haben.

Ein großes Geschenk

DANKE für das Geschenk des Glaubens.
DANKE, dass ich den christlichen Glauben hinein geboren wurde und ihn kennen lernen durfte.
DANKE, dass ich getauft und gefirmt bin.
DANKE, dass mir Menschen an die Seite gestellt wurden, die mich im Glauben begleiten und mit mir den Glauben leben.
DANKE, dass ich besonders in schweren Zeiten Kraft und Hoffnung aus dem Glauben schöpfen kann.

Der Feigenbaum

Wie es im Evangelium (Lk 13,1-9) vom Sonntag angeführt ist, braucht der Glaube Wurzeln, Nahrung und Pflege. Der Feigenbaum, der keine Früchte mehr trägt, benötigt ein Umgraben, einen Dünger und vor allem die Gnade der Geduld. Das wünsche ich uns.

Zur Person

Renate Stadelmann
Seelsorgerin im Hospiz am See, Kinder-, Jugend- und Familientrauerbegleiterin.
Geboren 1964 in Übersaxen
Ausbildung Theologischer Fernkurs, Ausbildung zur Dipl. Pastoralassistentin, Ausbildung zur Krankenhausseelsorgerin
Laufbahn Fünf Jahre Pastoralassistentin in Frastanz, seit 2014 Krankenhausseelsorgerin