Kommentar: Neun Wochen Sommerferien – Familienzeit oder Ausnahmezustand?

Vorarlberg / 06.08.2025 • 14:25 Uhr
Kommentar: Neun Wochen Sommerferien – Familienzeit oder Ausnahmezustand?

Ein Gastkommentar von Helga Boss.

Mittlerweile beginnt sie im November – die Planung der Sommerferien. Ein Feriencamp da, eine Sportwoche dort, eine Woche bei den Großeltern in Salzburg, zwei Wochen gemeinsamer Urlaub und dann wieder ins Feriencamp, Sportwoche und Vorbereitungswoche.

Neun Wochen Sommerferien – für die Kinder klingt es nach Freiheit, Sonne und Urlaub. Ist es hoffentlich auch. Für viele Eltern bedeutet es vor allem eines: Organisation und finanzieller Aufwand.

Neun Wochen sind lang.

Länger als erwerbstätige Erwachsene Urlaub haben.

Länger, als das Betreuungsangebot der Gemeinden reicht.

Und länger, als es sich mit zwei berufstätigen Eltern, Terminen und Alltag vereinbaren lässt.

Jahr für Jahr wird geplant, aufgeteilt, Ferienlager werden recherchiert, auf Wartelisten gesetzt, nach Betreuung gefragt. Für die Familien ist es eine logistische Meisterleistung. Und nicht selten eine Belastungsprobe für das Familienbudget. Viele werden kreativ: Die Großeltern springen ein, es wird unter Freunden getauscht, gearbeitet wird abends oder in den frühen Morgenstunden. Irgendwie klappt das dann. Aber eben nur irgendwie.

Und ja, Kinder brauchen Ferien. Zeit zum Ausruhen, Spielen und Wachsen. Eltern benötigen die Strukturen, die das möglich machen – ohne sich selbst zu verlieren. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir offen und ehrlich darüber sprechen.

Darüber, wie viele Eltern, Alleinerziehende und Großeltern mit der Situation überfordert sind. Und für alle, die sich fragen: Geht es nur uns so? Nein, ihr seid nicht allein.

Was es meiner Meinung nach braucht, sind verlässliche, leistbare und flächendeckende Ferienbetreuungsangebote, die Eltern entlasten und Kindern Freude machen. Einen realistischen Blick darauf, wie Betreuung heute wirklich gelebt wird – damit Familien in Zukunft nicht improvisieren müssen, sondern planen dürfen.

Es braucht Orte, an denen Kinder gerne sind – und Eltern mit gutem Gefühl loslassen können.

Betreuung, die nicht nur verwahrt, sondern bereichert – mit Freizeitpädagogik, Sport, Kreativangeboten und echten Ferienerlebnissen.

Strukturen, die allen ein gutes Gefühl geben: den Kindern, den Eltern – und denen, die mitgestalten.

Denn das Ziel ist klar:

Neun Wochen Ferien – in denen Kinder ihre freie Zeit genießen und Urlaubszeiten als Familie gemeinsam verbracht werden können.

Damit alle erholt und gestärkt ins neue Schuljahr starten.

Weil es Möglichkeiten gibt und nicht nur Kompromisse. Für Sommerferien, die guttun.

Helga Boss ist selbstständige Unternehmensberaterin, Dozentin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Mutter von zwei Kindern.