Paukenschlag in Führerschein-Causa: Keine Polizisten mehr als Fahrprüfer

Vorarlberg / 20.08.2025 • 15:15 Uhr
Paukenschlag in Führerschein-Causa: Keine Polizisten mehr als Fahrprüfer

Landespolizeidirektion reagiert auf VN-Enthüllungen zu Fahrprüfungen: Bediensteten wird Nebenjob als Sachverständige bis auf Weiteres nicht mehr bewilligt.

Bregenz Die Führerschein-Causa zieht immer größere Kreise. Der Verdacht, dass einzelne Prüfer mit nicht bestandenen Fahrprüfungen auf dem Rücken von Fahrschülern ein Geschäftsmodell etabliert haben könnten, sorgt jetzt auch für Konsequenzen in der Landespolizeidirektion Vorarlberg. Auf VN-Anfrage heißt es dort: “Das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die tägliche Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten sowie der anstandslos korrekte Vollzug der polizeilichen Aufgaben ohne jeglichen Verdacht der Befangenheit sind die Basis für unsere erfolgreiche und bürgernahe Polizeiarbeit und haben oberste Priorität. Aus diesem Grund kam die Landespolizeidirektion Vorarlberg zu dem Entschluss, die Ausübung der Tätigkeit als Sachverständige bzw. Fahrprüfer durch Bedienstete der Landespolizeidirektion Vorarlberg bis auf Weiteres nicht weiter zu bewilligen.”

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Damit zieht der erste Arbeitgeber von nebenberuflichen Sachverständigen für Fahrprüfungen im Land die Reißleine. VN-Recherchen hatten Einblicke in das lukrative Geschäft gegeben. Einzelne Prüfer haben demnach bis zu knapp 50.000 Euro jährlich neben ihrem eigentlichen Haupterwerb dazuverdient. Diese Summen waren nur deshalb möglich, weil fast jeder zweite Fahrschüler bei der Prüfungsfahrt scheiterte. Die Durchfallquote in Vorarlberg ist dramatisch höher als in allen anderen Bundesländern. Den VN liegen Vergleichszahlen für 2023 vor: Damals lag die Quote in Vorarlberg bei 48 Prozent, in der Steiermark beispielsweise bei lediglich 21 Prozent. Am Gesamtbild hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Auch nicht an den Einnahmen für die Prüfer: Alleine 2023 verdienten die Sachverständigen mit nicht bestandenen Prüfungen rund 250.000 Euro.

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Eine Hintergrund-Recherche auf Basis vertraulicher Dokumente und Gesprächen mit zahlreichen in die Vorgänge involvierten Personen hat zuletzt auch ein Prüfer-Netzwerk in den Fokus der Aufmerksamkeit gerichtet. Der “erlesene Kreis”, wie ihn ein Ex-Prüfer gegenüber den VN beschreibt, besteht teils aus Richtern, Staatsanwälten, Landesbediensteten und vor allem Polizisten in leitenden Positionen. Die Zuständigkeit für Fahrprüfungen liegt bei der Verkehrsrechtsabteilung des Landes. Dort laufen bei einem der Behördenmitarbeiter die Fäden zusammen. Er wird als zentrale Figur des Netzwerkes beschrieben. In einem weiteren Nebenjob ist der Landesbedienstete Sachverständiger und profitiert augenscheinlich in größerem Umfang von den Kontakten seines Netzwerks.

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Das Sachverständigen-Team für Fahrprüfungen besteht gesamt aus 31 Personen. Auffällig hohe Durchfallquoten gibt es bei gut einer Handvoll der Prüfer, wie Insider erzählen. Der Verdacht einer möglichen Bereicherung durch nicht bestandene Prüfungen trifft damit längst nicht auf alle Sachverständigen zu. Bei einem Großteil werfen die hohen Zusatzeinkommen allerdings Fragen auf. Etwa: Wie ist es möglich, bis zu 60 Arbeitstage in einem Nebenjob zusätzlich zu den eigentlichen Aufgaben in leitender Funktion zu bewältigen? Fragen, die sich offensichtlich jetzt auch deren Arbeitgeber stellen. Die Landespolizeidirektion hat jedenfalls als erster Konsequenzen gezogen.

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.