Warum erst jetzt, Herr Landeshauptmann?

Kommentar zur Führerschein-Causa: Die Landesregierung kündigt bei praktischen Fahrprüfungen Maßnahmen an. Das ist gut, aber zu wenig weitreichend und viel zu spät.
Schwarzach In Vorarlberg ist etwas ordentlich aus den Fugen geraten. Nicht erst vor Wochen. Seit Jahren ist bekannt, dass Fahrschüler bei praktischen Fahrprüfungen reihenweise durchfallen. Keiner wollte etwas davon wissen. “Sind halt blöder”, die Jugendlichen in Vorarlberg. Mit dieser Wortwahl hat die Behörde die eklatanten Unterschiede bei den Durchfallquoten begründet – freilich nur intern. Trotzdem zeigt es: Hier hat jemand jegliche Bodenhaftung verloren. Das könnte mit der ungeheuerlichen Machtfülle zu tun haben, die so weit geht, dass sich Prüfer selbst prüfen. Eine ordentliche Kontrolle: Fehlanzeige.
Heute wissen wir: Vorarlbergs Fahrschüler sind nicht blöder. Viele von ihnen sind einfach nur Opfer von Willkür. Das hätten die Verantwortlichen im Landhaus auch schon vor Jahren wissen können, wenn sie Beschwerden nachgegangen wären und hingeschaut hätten. Schlimmer noch: vermutlich haben einige bewusst weggeschaut. “Vorarlberger haben ein Recht auf faire Fahrprüfungen”, kündigen Landeshauptmann Markus Wallner und Statthalter Christof Bitschi jetzt Maßnahmen zur Verbesserung bei praktischen Führerscheinprüfungen an. Ein Recht auf Fairness, das vielen in den letzten Jahren verwehrt blieb. Wie niederträchtig ist es, wenn Prüfer Fahrschüler bewusst in eine Falle gelockt und damit noch gutes Geld verdient haben! Was sagen Sie den tausenden jungen Menschen, die eben nicht fair behandelt wurden, Herr Landeshauptmann? Die Maßnahmen sind gut und wichtig, aber zu wenig weitreichend und kommen vor allem viel zu spät.
Was jetzt auf Druck der Öffentlichkeit in Ansätzen angegangen wird, hätte längst umgesetzt gehört. Die Machtfülle einer einzelnen Behörde birgt die Gefahr von Machtmissbrauch und Ohnmacht ihrer Opfer. Beschwerden wurden abgeschmettert, Fahrschulen und Fahrlehrer eingeschüchtert. Es geht um Abhängigkeiten. Wie sehr muss ein System geschützt sein, dass sich ein Netzwerk etablieren kann. Im Raum steht ein Verdacht der gegenseitigen Bereicherung und betrifft einzelne der Prüfer. Niemand will etwas mitbekommen haben, dabei hätte man nur Kontrolle zulassen müssen.
Schön, wenn sich fleißige Menschen mit Fahrprüfungen in ihrer Freizeit ein bisschen was dazuverdienen können. Bleibt diese Möglichkeit allerdings einem “erlesenen Kreis” vorbehalten, dann macht das kein besonders gutes Bild. Wenn dann einzelne neben ihrem Hauptberuf in leitender Funktion die Zeit dafür haben, im Ausmaß von bis zu 60 Arbeitstagen auf einer Rücksitzbank Platz zu nehmen, dann hat das mehr als nur ein Gschmäckle. Der Umfang der Nebenbeschäftigung hat in vielen Fällen das Maß des Möglichen weit überschritten. Und wieder will niemand etwas bemerkt haben.
Wenn das Land jetzt Schritte setzt, kann das nur ein Anfang sein. Das “Recht auf Fairness” hört sich für mich ein bisschen nach Polit-Marketing an. Dabei ist es ein Grundrecht.