Führerschein-Causa: Prüfungssystem droht im Chaos zu versinken

Vorarlberg / 25.08.2025 • 17:32 Uhr
Führerschein-Causa: Prüfungssystem droht im Chaos zu versinken

Prüfungstermine werden abgesagt oder kurzfristig verschoben: “Die Behörde muss dafür sorgen, dass ausreichend Prüfer vorhanden sind”, fordert Barbara Germann-Frener, Sprecherin der Fahrschulen.

Bregenz Eine Krisensitzung jagt die nächste. Die Führerschein-Causa hält Politik und Behörden seit Tagen im Ausnahmezustand. Es geht um den Verdacht der Bereicherung. Tausende Fahrschüler könnten bei der praktischen Prüfung durchgefallen sein, weil ein Netzwerk aus einzelnen Prüfer ein Geschäftsmodell mit nicht bestandenen Prüfungen etabliert haben könnte. Die Schlagzeilen haben Arbeitgeber der nebenberuflichen Sachverständigen auf den Plan gerufen. So hat etwa die Landespolizeidirektion ihren Bediensteten die Tätigkeit bis auf Weiteres untersagt. Einschränkungen gibt es zudem auch für Landesbedienstete. Sie sind Teil eines Maßnahmenpaketes, das die Landesregierung in der Vorwoche geschnürt hat und mittlerweile bei Fahrschulen für Unmut sorgt. “Die Maßnahmen helfen nur sehr eingeschränkt”, kritisiert Barbara Germann-Frener, Branchensprecherin in der Wirtschaftskammer. Das gesamte Prüfsystem sei gerade am Zusammenbrechen.

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Vorarlberger hätten ein Recht auf faire Fahrprüfungen, kündigten Landeshauptmann Markus Wallner und Landesstatthalter Christof Bitschi nach VN-Enthüllungen Änderungen im Prüfungssystem an. Bis allerdings ein neues System steht, würde es noch Monate dauern, zweifelt Germann-Frener an den Maßnahmen. “Was mit den Schülern passieren soll, die dazwischen einen Prüftermin haben, daran hat scheinbar niemand gedacht.” Tatsächlich müssten Termine derzeit reihenweise abgesagt, oder verschoben werden. Das genaue Ausmaß müsse erst erhoben werden. Das Prüfsystem droht demnach aber im Chaos zu versinken. “Dabei ist es Aufgabe der zuständigen Behörde, ausreichend Prüfer zur Verfügung zu stellen”, so die Sprecherin weiter. Erst letzte Woche habe man sich mit den Verantwortlichen zusammengesetzt. Vorschläge der Fahrschulen würde sich im vorgestellten Maßnahmenkatalog kein einziger wiederfinden.

Interview mit der Sprecherin der Fahrschulen Barbara Frener-Germann
Im Gespräch mit den VN dokumentiert Fahrschulsprecherin Barbara Germann-Frener eine Reihe an Beschwerden bei der zuständigen Behörde. VN/Paulitsch

Den Fahrschulen sind die hohen Durchfallquoten bei Prüfungen seit vielen Jahren ein Dorn im Auge. Im VN-Gespräch dokumentiert Germann-Frener eine Reihe von Beschwerden bei der Behörde. Später, ab 2022, habe man sich dann auch an die Politik gewandt. Passiert sei bis heute so gut wie nichts. Die Machtfülle der zuständigen Behörde habe dazu geführt, dass es für einige Zeit gar keinen Branchensprecher gab. “Aus Sorge vor möglichen Repressalien stand niemand zur Verfügung”, beschreibt Germann-Frener. Es brauche strukturelle Änderungen. Gefordert wird eine Entflechtung. “Wir hätten uns längst gewünscht, dass die Fahrschulinspektion an die Bezirkshauptmannschaft geht.” Auch das sei nicht passiert.

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Am meisten ärgert die Fahrschulen allerdings die fehlende Transparenz. “Es ist ja nicht so, dass es bei allen Prüfern hohe Durchfallquoten gab. Da sind etliche dabei, die ihre Tätigkeit korrekt und fair gemacht haben”, betont die Fahrschulsprecherin. Sie beschreibt auf Basis jüngster Zahlen Unterschiede zwischen Sachverständigen von einer Quote von 24 Prozent bis 67 Prozent. Eine aktuelle Liste der Sachverständigen habe man bis heute nicht erhalten. “Es braucht ein transparentes Monitoring der Prüfer und eine ordentliche Aufarbeitung der jetzt bekannt gewordenen Vorgänge”, hofft Germann-Frener auch auf personelle Konsequenzen.

Führerschein-Causa: Worum es konkret geht

HOHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine. VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für die Prüfer. Einzelnen, von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.

GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.

WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.

NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.