Kasse leer
Ein Niedergang muss nicht von heute auf morgen erfolgen, es kann sich auch um einen schleichenden Prozess handeln, der lange nicht auffällt. Oder erst, wenn man genauer hinschaut, was läuft. Oft täuscht vieles darüber hinweg. Zumindest aus der Sicht von Konsumenten zum Beispiel wirkt der Kampf gegen den Österreich-Aufschlag, den Kanzler und Co. eröffnet haben, genauso gut wie es Mietpreiseingriffe aus Sicht von Menschen tun, für die Wohnen schier unerschwinglich geworden ist.
In Wirklichkeit geht aber auch eine Bankrotterklärung des Staates damit einher: Weil er keinen Spielraum mehr hat, lässt er Dritte machen. Man könnte auch sagen: Entlastungen werden ausgelagert oder privatisiert. Was nicht immer schlecht sein muss, aber im Zusammenhang damit zu sehen ist, dass der Staat selbst nicht mehr kann.
„Nichts deutet darauf hin, dass der Staat in absehbarer Zeit wieder zu Spielräumen kommt.“
Dafür, dass Lebensmittelpreise hierzulande so hoch sind, gibt es viele Gründe. Es hat auch damit zu tun, dass Lohngesamtkosten, die Unternehmen weitergeben müssen, hoch sind. Im Übrigen liegt der Mehrwertsteuer-Satz mit zehn Prozent weit über dem in Deutschland (sieben) und vielen anderen Ländern. In Polen etwa beträgt er fünf Prozent
Es liegt also nicht nur an den „bösen Konzernen“, die einen Österreich-Aufschlag vornehmen. Es ist auch staatliche Schuld. Insofern wäre es naheliegend, dass die Regierung auch in ihrem eigenen Einflussbereich gegensteuert, indem sie etwa Steuern und Beiträge senkt. Bloß: Sie hat eben keinen Spielraum mehr dafür, sie muss schauen, dass sie die Neuverschuldung irgendwie einfängt.
Die budgetären Schwierigkeiten kommen auch beim Thema Wohnen ins Spiel: Bauen, bauen, bauen wäre hier angesagt. Und zwar vor allem im öffentlichen, im gemeinnützigen Sektor, der am ehesten zu leistbaren Preisen beitragen kann. Umso verhängnisvoller ist, dass sich Bund, Länder und Gemeinden gezwungen sehen, zu sparen. Dass ihre Möglichkeiten, Impulse zu setzen, gegen null gehen.
Mietpreiseingriffe im Allgemeinen und der Mietpreisstopp für den regulierten Bereich im heurigen Frühjahr lösen das Problem nur begrenzt oder gar nicht. Sie gehen auf Kosten der dortigen Träger und führen im schlimmsten Fall dazu, dass sie noch weniger bauen.
Nichts deutet darauf hin, dass der Staat in absehbarer Zeit wieder zu Spielräumen kommt. Öffentlich Bedienstete, zu denen nicht nur gut bezahlte Spitzenbeamte gehören, müssen damit rechnen, zumindest keine Reallohnerhöhung mehr zu bekommen. Ähnliches gilt für Pensionisten. Einige müssen 2026 (real) sogar Verluste befürchten.
Für die Zeit ab 2027, für die noch keine Budgets vorliegen, warnt der Chef des Fiskalrates, Christoph Badelt, dass sie „ziemlich hart“ werde. Dann werden nicht nur Reformen, von denen seit Jahr und Tag die Rede ist, greifen müssen, sondern zusätzlich eher sogar weitere Sparmaßnahmen notwendig werden. Was bisher vorliegt, reicht sehr wahrscheinlich nicht aus.
Vor allem auch, weil kein Wirtschaftswachstum in Sicht ist, durch das sich Probleme wie von selbst lösen. Der Kanzler wäre zurecht schon froh über ein Plus von einem Prozent. Das wäre besser als nichts, aber zu wenig, damit genug Steuern und Beiträge zusammenkommen, um weiter zunehmende und auch neue Ausgaben des Staates bewältigen zu können – ob diese mit der Verteidigung zusammenhängen, die aus Sicherheitsgründen aufgestockt werden muss, oder mit Strafzahlungen für die Verfehlung von Klimazielen, mit denen im zuständigen Landwirtschaftsministerium bereits gerechnet wird; die Liste ist lang.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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