Am roten Faden ins Leben zurück

Vorarlberg / HEUTE • 15:05 Uhr
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Toni SuterDas Publikum belohnte die Produktion mit begeistertem Applaus.

„Ariadne auf Naxos“ feierte in Innsbruck Premiere.

Innsbruck Mithilfe eines Fadens, den ihm die kretische Prinzessin Ariadne gegeben hatte, fand Theseus nach der Erlegung des Minotaurus den Weg zurück aus dem Labyrinth, seine Geliebte Ariadne ließ er daraufhin sitzen. Dieser Faden in Form von roten Seilen ist das durchgehende Symbol in Nina Russis Inszenierung von Richard Strauss‘ „Ariadne auf Naxos“, die am Samstag in Innsbruck Premiere hatte. Rote Seile und eine Art roter Kokon, in den sich die trauernde Ariadne verkriecht, ziehen sich durch das Geschehen, einerseits als Symbol für Ariadnes Gefangensein in der Vergangenheit, andererseits als Weg ins Leben zurück. Turbulent gelang das Vorspiel, in dem sich der idealistische Komponist der tragischen Oper „Ariadne auf Naxos“ und eine Truppe von Komödianten in die Haare geraten. Die Drehbühne war ständig im Einsatz, die weißen Wände des kargen Bühnenbilds von Susanne Gschwendner wurden durch Lichteffekte (Raphael Fuchs) verändert: besonders gelungen, als nach der Ansage, dass die Komödie gleichzeitig mit der Tragödie aufgeführt werden soll, für den entsetzten Komponisten die Welt unter- und das Licht ausging. Einen besonderen Akzent setzten die fantasievollen Kostüme von Annemarie Bulla, am auffallendsten bei den vier befrackten Herren der Komödiantentruppe: Sollten hier nackte Herrenbeine in Sockenhaltern statt Frauenbeine in schwarzen Netzstrümpfen die Geschlechterverhältnisse umkehren? Christoph Kail in der Sprechrolle des Haushofmeisters brachte wienerischen Zungenschlag ins Geschehen, als Komponist brillierte Camilla Lehmeier. Die kleine Rolle des Perückenmachers war bei William Tyler Clark in besten Händen, solid Qi Wang als Lakai, parodistisch Jakob Nistler als Tanzmeister. Jacob Philipps, 2024 als Gianni Schicchi in Bregenz zu hören, punktete als Musiklehrer auch hier mit seinem klangvollen Bariton. Durch Spielfreude und sängerische Leistungen ebenfalls erfreulich das Herrenquartett mit Benjamin Chamandy als Harlekin, Oliver Sailer als Truffaldin, Jason Lee als Brighella und William Blake als Scaramuccio.

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Toni SuterHazel Neighbour (Najade), Anastasia Lerman (Echo) und Abongile Fumba (Dryade.)

Der zweite Teil spielte nicht auf einer „wüsten Insel“, wie es im Libretto heißt, sondern in denselben Kulissen. Hier kamen Robi Voigts Videos zum Einsatz: Zeitweise sah man Ariadnes maskenhaftes Gesicht in Großaufnahme auf dem Weg durch ein Kellerlabyrinth, begleitet von den drei Nymphen, optisch fast zu viel der Eindrücke. Anna Gabler, die mit ihrem Fetzenkostüm und den langen weißen Haaren etwas an die Addams-Family erinnerte, verlieh der Gestalt der Ariadne, die sich erst langsam aus ihrer Trauerverstrickung löst, mit ihrem warmen, dunklen Sopran überzeugenden Ausdruck. Eine Freude war das Nymphentrio mit Hazel Neighbour als Najade, Abongile Fumba als Dryade und Anastasia Lermann als Echo. Mit besonderer Spannung war die mit extremen Koloraturen gespickte Riesenarie der Zerbinetta erwartet worden, die die Innsbrucker Sopranistin Annina Wachter im pinken Kleid mit Rüschenschleppe bravourös meisterte. Lediglich Florian Stern als Bacchus verströmte nicht ganz den stimmlichen Glanz, den seine Rolle erfordert, um Ariadnes Rückkehr ins Leben und zur Liebe glaubhaft zu machen. Gerrit Prießnitz setzte die farbenreiche Partitur mit den vielen Instrumentalsoli mit dem Symphonieorchester Tirol differenziert und wunderschön um, leider war das Orchester aber öfter zu laut. Insgesamt eine überzeugende Aufführung, die das Publikum mit begeistertem Applaus belohnte.

Ulrike Längle