Justiz legt Führerschein-Causa ad acta

Vorarlberg / 28.10.2025 • 16:45 Uhr
Justiz legt Führerschein-Causa ad acta

Staatsanwaltschaft Innsbruck sieht keinen Anfangsverdacht für strafbare Handlungen.

Innsbruck Bei der Prüfung nach einem Anfangsverdacht zu möglichen strafbaren Handlungen in der Führerschein-Causa ist die Staatsanwaltschaft Innsbruck rasch zu einem Ergebnis gekommen. Ein solcher liege nicht vor, teilte die Strafverfolgungsbehörde gestern in einer Aussendung schriftlich mit. Es würden deshalb keine Ermittlungen eingeleitet. Ein entsprechender Vorhabensbericht war bereits am 3. September an das Justizministerium übermittelt worden – nur rund zwei Wochen nach Einleitung der Prüfung.

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Anonyme Anzeigen mit angeschlossenen Berichten der VN-Recherchen in der Führerschein-Causa hatten die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Auch betroffene Einzelpersonen hatten Anzeige erstattet. Diese hätten bekundet, so heißt es in der Begründung, über Beweismittel zu verfügen und für Rückfragen und ergänzende Darstellungen jederzeit zur Verfügung zu stehen. “Allerdings wäre eine Nachfrage beim Anzeiger durch die Staatsanwaltschaft rechtlich erst zulässig, wenn zuvor ein Anfangsverdacht bejaht wurde”, informiert die Innsbrucker Behörde über Gründe, warum es dazu nicht kam. Auch Nachfragen zu Rechercheergebnisse der VN-Redaktion gab es keine.

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Das Amt der Landesregierung hat unterdessen “unaufgefordert zahlreiche Prüfungsprotokolle von zwei Fahrprüfern aus den Jahren 2024 und 2025 übermittelt”, wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilt. Diese hätten ebenfalls keinen Anfangsverdacht wegen eines ungerechtfertigten, willkürlichen “Durchfallens” geliefert. Darüber hinaus sei vom Land Vorarlberg eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden. Bei einem Verdacht auf eine strafrechtliche Handlung wäre die damit befasste Dienstelle – es handelt sich dabei um jene in die umstrittenen Vorgänge involvierte Verkehrsrechtsabteilung des Landes – zu einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft verpflichtet gewesen, argumentiert die Innsbrucker Behörde weiter.

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Die Zuständigkeit der Prüfung eines Anfangsverdachts lag deshalb in Innsbruck, weil in der Feldkircher Staatsanwaltschaft Befangenheit vorlag. Bis zu den VN-Enthüllungen in der Führerschein-Causa waren drei der insgesamt 31 Fahrprüfer im Land Staatsanwälte mit teils lukrativen Nebeneinkünften. Den VN vorliegende vertrauliche Listen zu Abrechnungen der Sachverständigen dokumentieren Zuverdienste von bis zu 100.000 in drei Jahren. Auffallend waren zudem besonders hohe Durchfallquoten. Dies traf laut VN-Recherchen auf zwei der Mitarbeiter an der Feldkircher Strafverfolgungsbehörde zu.

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In Vorarlberg waren über Jahre Fahrschüler reihenweise durchgefallen. Die Quote lag mit rund 50 Prozent teils deutlich über jener anderer Bundesländer. Schilderungen vieler Betroffener zeichneten ein Bild der Willkür. Der Verdacht: Einzelne Sachverständige könnten auf dem Rücken von Fahrschülern ein Geschäftsmodell etabliert haben. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sieht dafür indes keine Anhaltspunkte. Eine hohe Durchfallquote bei Fahrprüfungen weise allenfalls auf einen strengen Prüfungsmaßstab hin, schreibt die Behörde in ihrer Aussendung weiter. “Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass Fahrprüfer die praktische Fahrprüfung willkürlich als „nicht bestanden“ beurteilt hätten, obwohl tatsächlich die Voraussetzungen für eine positive Beurteilung der Fahrprüfung vorlagen”, so die Staatsanwaltschaft Innsbruck weiter.

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Mittlerweile sind großteils neue Sachverständige im Land tätig, einige von ihnen aushilfsweise aus Tirol. Der Prüfungsmaßstab blieb unverändert, die Durchfallquote indes hat sich innerhalb weniger Wochen halbiert. Vertreter von Fahrschulen sehen darin ein klares Indiz, dass bei den Prüfungen jahrelang Willkür geherrscht haben muss.

Führerschein-Causa

OHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine.

VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für viele der Prüfer. Einzelne von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.

GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.

WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.

NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.