“Anette, ohne dich ist Bregenz tot” – Legendäre Bar schließt

Bregenz Anette Teichmann ringt um Worte. “Ich hätte mir auf alle Fälle einen anderen Abschied gewünscht. Es ist einfach traurig”, sagt die Betreiberin der nach ihr benannten Anette Bar in Bregenz. Am Samstag wird sie zum letzten Mal die Türen ihres traditionsreichen Nachtlokals im Untergeschoss des GWL öffnen – früher als ursprünglich angenommen.

Obwohl sie mit 75 Jahren mehr als bereit sei, in den Ruhestand zu gehen, wollte sie die Bar nicht einfach schließen, sondern in jüngere Hände legen. “Der Pachtvertrag lief am 31. Oktober nach zehn Jahren aus. Wir hatten Aussicht auf eine Verlängerung, aber sie wurde uns leider nicht genehmigt”, erzählt Teichmann. Entsprechend machte sich die Bregenzerin frühzeitig auf die Suche nach einem Nachfolger. “Ich hatte sogar jemanden gefunden”, erzählt sie. “Aber die Eigentümer wollen kein Nachtlokal mehr im GWL haben.” Wie Thomas Kinz auf Nachfrage mitteilt, passe ein solches nicht zur Gesamtstruktur des GWL. Über eine Nachfolgelösung werde man sich im neuen Jahr Gedanken machen.

Für Teichmann ist das Ende der Nachtgastronomie im GWL nicht nachvollziehbar. Beschwerden, die im Raum standen, sind aus ihrer Sicht häufig nicht der Bar zuzuordnen gewesen. “Manchmal stand die Polizei oben an der Eingangstür. Ein Problem war auch, dass wir öffentliche WCs haben. Da kommen natürlich auch andere Gäste her.” Außerdem lehne die Security stark alkoholisierte Personen oft schon oben am Eingang ab. “Wenn die dort Lärm machen, heißt es, das seien unsere Gäste.” Der Abschied fühlt sich für Anette Teichmann “ungut” an. Auch ihrem Lebensgefährten Harry Vetter, der seit jeher im Hintergrund mitgearbeitet hat, geht der Abschied nahe: “Es ist nicht nur traurig für uns, sondern auch fürs Bregenzer Nachtleben. Es tut uns weh. Wir haben das mit Herzblut aufgebaut.”

Über die Jahre investierte die Familie beträchtliche Summen in das Lokal – in Ausstattung, Technik, Lüftung, Tresen und Umbauten. Durch die Coronakrise sei es kaum möglich gewesen, diese Investitionen vollständig abzubezahlen. “Wenn ich meine Familie nicht hätte, würde ich das nicht schaffen”, unterstreicht die 75-Jährige. “Aber ohne Nachfolger gibt es eben auch keine Ablöse”, bedauert Teichmann. Was mit dem Inventar nun geschieht, sei bis heute offen: “Wir werden im Ungewissen gelassen, ob wir nun alles herausreißen müssen oder nicht.”

Die Anette Bar war über 15 Jahre ein Fixpunkt im Bregenzer Nachtleben. Zuerst in der Anton-Schneider-Straße, danach im Untergeschoss des GWL. “Wir hatten immer am längsten offen, bis fünf Uhr früh. Die Leute wussten: Bei Anette bekommt man noch ein Getränk. Wir waren die Late-Night-Show in Bregenz”, sagt sie mit einem Lachen. Karaoke-Abende, Live-Musik und Jam Sessions gehörten zum fixen Programm.

Besonders nahe gehen Anette Teichmann die Reaktionen der Gäste auf die bevorstehende Schließung. “Unsere Stammgäste sind sehr traurig und können es kaum glauben.” Viele hätten ihr gesagt: “Anette, ohne dich ist Bregenz tot.”

Trotz allem versucht die Familie, positiv nach vorn zu blicken. “Am Samstag machen wir noch einmal richtig Party. Danach möchte ich vor allem das Leben genießen”, sagt Anette Teichmann, die mehrere Jahrzehnte in der Gastronomie tätig war. Ihr Lebensgefährte nickt. “Und wir können den Sommer einmal so richtig genießen, ohne arbeiten zu müssen.”