Kommentar: Aus neun mach drei
Dass das Staatssekretariat für Deregulierung und Entbürokratisierung im Außenministerium angesiedelt ist, hat nichtst damit zu tun, dass dort der größte Reformbedarf wäre. Ursächlich dafür ist offenkundig die parteipolitische Farbenlehre. Das Bundeskanzleramt, das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium wären zwar in erster Linie zuständig, haben aber mit schwarz/türkis und rot die falsche Farbe, pink wie das Außenministerium musste es sein. Diese Rücksichtnahme auf parteipolitische Einflussbereiche und wechselseitiges Misstrauen ist auch eine wesentliche Ursache für viele Doppelgleisigkeiten und Mehrfachzuständigkeiten. Engagement für Bürokratieabbau kann man Staatssekretär Schellhorn als leidgeprüftem Unternehmer aber wirklich nicht absprechen. Von den in einem ersten Schritt kürzlich vorgestellten 113 Reformvorschlägen kann realistischerweise kein großes Einsparungsvolumen erwartet werden, wohl aber Vereinfachungen für Bürger und Unternehmen. Es ist zu hoffen, dass die Vorschläge die parlamentarischen Beratungen zügig und unbeschadet überstehen werden.
„Da müsste die Schweiz schon lange unfinanzierbar sein.“
Mehr öffentliche Aufmerksamkeit hat Staatssekretär Schellhorn allerdings mit seinem Vorschlag erzielt, Bundesländer zusammenzulegen und ihre Zahl auf damit dann drei zu reduzieren. Es gäbe dann vermutlich mit jeweils drei Ländern Österreich West, Österreich Mitte und Österreich Ost, das mit 44 Prozent Bevölkerungsanteil dominant wäre. Abgesehen von der Frage, ob eine solche Verdichtung demokratiepolitisch wünschenswert wäre, ist zweifelhaft und von Schellhorn auch nicht näher ausgeführt, welche Einsparungen damit letztlich überhaupt verbunden wären. Dass es dann weniger Landtagsabgeordnete gäbe, fiele realistischerweise überhaupt nicht ins Gewicht.
Ein Blick über die Grenzen zeigt: Frankreich ist ein Musterbeispiel eines stark zentralisierten Staates mit einer jedenfalls in den oberen Rängen gut ausgebildeten Verwaltung. Trotzdem hat es einen hohen Verwaltungsaufwand und eine noch stärkere Verschuldung. Abgesehen davon möchte man mit den Lebensverhältnissen in vielen zentrumsfernen ländlichen Regionen nicht tauschen. Anderseits: Wenn eine kleinteilige Verwaltung unweigerlich kostspielig wäre, müsste die Schweiz mit ihren 26 Kantonen schon lange unfinanzierbar sein. Sie hat aber einen niedrigen Verwaltungsaufwand und vergleichsweise solide Finanzen.
Nach der Qualifikation Österreichs für die Fußballweltmeisterschaft hat Marko Arnautovic allen Ernstes gefordert, den 18 November als neuen Feiertag einzuführen. Da müsste sich Staatssekretär Schellhorn enorm anstrengen, um nachteilige Auswirkungen für den Staat und die Wirtschaft zu neutralisieren.
Jürgen Weiss vertrat das Land als Mitglied des Bundesrates (ÖVP) zwanzig Jahre lang in Wien und gehörte von 1991 bis 1994 der Bundesregierung an.
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