“Absolut feindlich eingestellt”

Welt / 09.05.2021 • 22:39 Uhr
Bischof Erwin Kräutler übt heftige Kritik. VN/Stiplovsek
Bischof Erwin Kräutler übt heftige Kritik. VN/Stiplovsek

Amazonien-Bischof Erwin Kräutler: Mit Bolsonaro ist kein Dialog möglich.

salzburg Scharfe Kritik an der brasilianischen Staatsführung unter Präsident Jair Bolsonaro hat der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie geübt. Brasilien verzeichnet mit laut Kräutler 400.000 Coronatoten die weltweit zweithöchste Zahl an Pandemieopfern nach den USA. „Aber Bolsonaro und sein Kabinett scheren sich ziemlich wenig um das, was die Bischöfe hier ansprechen“, kritisierte der gebürtige Koblacher gegenüber dem „Rupertusblatt“.

Neben Corona gibt es nach den Worten des emeritierten Bischofs von Xingu/Altamira auch andere „Pandemien“, die für die Indigenen lebensbedrohlich seien: Deren Lebensraum werde durch die Invasionen der Goldschürfer und illegalen Holzfäller in Amazonien zerstört. „Wir haben mehrere Völker, bei denen die Lage mittlerweile sehr kritisch ist, weil die Politik nichts oder fast gar nichts unternimmt, um sie zu schützen“, beklagte Kräutler. Diese Entwicklung sei „tragisch und kommt doch nicht zufällig“. Die Regierung sei den Indigenen gegenüber „absolut feindlich eingestellt“. Präsident Bolsonaro wolle von ihnen am liebsten überhaupt nichts wissen, so Kräutler.

Nur eine Meinung zählt

Der Bischof zeichnete gegenüber der Salzburger Zeitung ein düsteres Bild von der Persönlichkeit des Rechtspopulisten: „Mit ihm kann es eigentlich kein wirkliches Gespräch geben.“ Bolsonaro akzeptiere keine Widerrede und sei überzeugt, dass nur sein Weg der richtige ist. „Da können Bischöfe kommen oder andere Vertreter des Volkes, das ist ihm egal. Er weiß alles und lässt keine andere Meinung gelten.“

Der in Vorarlberg geborene Bischof fürchtet um das bisher durch die Verfassung abgesicherte Gebiet der Indigenen – also jenes Land, das ihnen zu ihrer exklusiven Nutzung übergeben wurde. Daran werde nun „massiv gerüttelt“. Wenn etwa Bergwerksgesellschaften oder Holzfirmen tatsächlich in die indigene Lebenswelt vordringen dürften, „dann halten sie die Beschränkungen hundertprozentig nicht ein“, gab sich Kräutler illusionslos. „Daran gibt es absolut keinen Zweifel.“ Über die Corona-Situation in Xingu und Altamira teilte der Bischof mit, die Region sei immer noch in der roten Zone. „Jeden Tag sterben Menschen, die wir kennen.“ Die Impfbereitschaft sei gegeben. „Die Menschen warten teilweise sehnsüchtig darauf, dass sie an die Reihe kommen.“ Er selbst habe seine erste Dosis schon bekommen und warte jetzt auf die nächste, berichtete der 81-Jährige.

Mit Bolsonaro sei kein Dialog möglich. Reuters
Mit Bolsonaro sei kein Dialog möglich. Reuters
Die Proteste der Völker Amazoniens bleiben von Brasiliens Regierung ungehört. AFP
Die Proteste der Völker Amazoniens bleiben von Brasiliens Regierung ungehört. AFP