Megaprozess nach Brückendrama

Welt / 06.07.2022 • 22:44 Uhr
Die Morandi-Brücke stürzte am 14. August 2018 ein. Schon lange vor dem Einsturz soll bekannt gewesen sein, dass es Schäden an dem Bauwerk gab. AP
Die Morandi-Brücke stürzte am 14. August 2018 ein. Schon lange vor dem Einsturz soll bekannt gewesen sein, dass es Schäden an dem Bauwerk gab. AP

Ab heute, Donnerstag, müssen sich in Genua 59 Personen vor Gericht verantworten.

Genua Vor einem Gericht in Genua beginnt am Donnerstag der Prozess wegen der Brückenkatastrophe in der ligurischen Hauptstadt am 14. August 2018. 43 Menschen kamen damals ums Leben. Angeklagt sind 59 Personen, darunter Giovanni Castellucci, Ex-Chef der Autobahngesellschaft Autostrade per l‘Italia (ASPI), die Betreiberin der eingestürzten Brücke. Der Vorwurf lautet auf Fahrlässigkeit, Behinderung der Verkehrssicherheit, Fälschung und vorsätzliches Weglassen von Sicherheitsvorkehrungen. Eine Untersuchungsrichterin hatte im April die Vergleichsangebote der Autobahngesellschaft ASPI und ihrer früheren Wartungseinheit SPEA angenommen. Die beiden Unternehmen haben insgesamt rund 30 Millionen Euro gezahlt, um ein vollständiges Verfahren zu vermeiden. Die Staatsanwaltschaft hatte sich mit dem Vergleich einverstanden erklärt.

Die Autobahngesellschaft ASPI steht unter Kontrolle der börsennotierten Atlantia-Holding. Der aktuelle Chef des Unternehmens, Roberto Tomasi, ist als Zeuge der Anklage im Prozess vorgeladen. Sein Name steht zusammen mit 177 weiteren Zeugen auf der Liste, die die Staatsanwaltschaft dem Gericht im Vorfeld der ersten Anhörung am Donnerstag eingereicht hat. Der neue CEO wird gegen die alte Führungsspitze des Konzerns aussagen. Bei den Angeklagten handelt es sich um hochrangige Manager des Autobahnbetreibers, um Fachleute und höhergestellte Beamte des Verkehrsministeriums in Rom. Der Staatsanwaltschaft von Genua zufolge hatten die meisten Verdächtigen mit dem Einsturz der in den 1960er-Jahren gebauten Brücke gerechnet und trotzdem nichts unternommen, um ihn zu verhindern, weil sie bei der Instandhaltung möglichst viel Geld einsparen wollten, um den Aktionären höhere Dividenden zu sichern.