Verzweiflung nach schweren Erdbeben

Welt / 08.10.2023 • 22:43 Uhr
Ganze Dörfer wurden durch das Erdbeben vollkommen zerstört. ap
Ganze Dörfer wurden durch das Erdbeben vollkommen zerstört. ap

Nach den verheerenden Beben in Afghanistan ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 2000 gestiegen.

kabul Dort wo einst ganze Dörfer standen, liegt das Leben Hunderter Familien in Trümmern. In den Ruinen suchen Rettungskräfte in Afghanistan verzweifelt nach Überlebenden. “Es war unerträglich. Wir sahen fünf, sechs Dörfer. Sie sind dem Erdboden gleich”, erzählt Mohammed Rafik Schirsai per Sprachnachricht. Der erfahrene Mediziner ist Teil eines Rettungsteams in Westafghanistan, aus der Provinzhauptstadt Herat.

Am Samstagmorgen hatten mehrere Erdbeben Bewohner der afghanischen Grenzprovinz nahe dem Iran aufgeschreckt. Innerhalb von nur wenigen Stunden zitterte die Erde neun Mal, mehr als ein Dutzend Dörfer wurden weitgehend zerstört. Am stärksten betroffen war der Bezirk Sindadschan, nordwestlich von Herat. Militär und Rettungsdienste eilten in die Katastrophengebiete, um zu helfen.

Opferzahl könnte weiter steigen

“Man kann den Unterschied zwischen einem Haus und einer Straße nicht mehr sehen”, erzählt Schirsai weiter. “Unter jedem Stück Erde könnte ein Mensch sein, den niemand mehr retten kann”, beschreibt der Arzt die bedrückenden Szenen. Videos in den sozialen Medien zeigten Rettungskräfte mit Bulldozern vor Ort und Helfer, die teils nur mit ihren Händen nach Vermissten gruben.

Selbst 300 Kilometer entfernt im Nachbarland Iran wackelten Wände und Deckenleuchten, wie Bewohner der Millionenmetropole Maschhad erzählten. Auch dort setzten die Behörden Rettungsdienste in Alarmbereitschaft und schickten Teams an die Grenze, um mögliche Schäden zu untersuchen.

Afghanistans Katastrophenschutz bezifferte die Zahl der Toten am Sonntag bereits auf mehr als 2500. Tausende weitere Bewohner der Provinz, die im Norden auch an Turkmenistan grenzt, seien bei den Beben verletzt worden. Die Sorge ist groß, dass die Opferzahl in den kommenden Tagen noch weiter steigen wird.

Die Beben wecken Erinnerungen an die verheerende Katastrophe im Sommer vergangenen Jahres, als im Osten des Landes bei einem Erdbeben der Stärke 5,9 mehr als 1000 Menschen in den Tod gerissen wurden. Immer wieder ereignen sich schwere Erdbeben in der Region, besonders am Hindukusch, wo die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen.

Seit mehr als zwei Jahren sind die Taliban wieder an der Macht, das Land ist wegen seiner repressiven Politik politisch isoliert. Auch das ist ein Grund, warum Rettungsarbeiten teils schwierig vorankommen. Nach Jahrzehnten des Konflikts sind viele Dörfer schlecht gegen Erdbeben gerüstet.

Kinder schlafen auf dem Boden vor den Trümmern ihres Hauses.
Kinder schlafen auf dem Boden vor den Trümmern ihres Hauses.
Teils mit bloßen Händen suchen die Helfer nach Überlebenden.
Teils mit bloßen Händen suchen die Helfer nach Überlebenden.
Nur seine Katze konnte der junge Afghane retten.

Nur seine Katze konnte der junge Afghane retten.