Zum Ehrenamt spaziert

Wetter / 17.10.2012 • 17:59 Uhr

Götzis. (VN-mm) Mit elf übersiedelte Irina Obholz von Kasachstan nach Deutschland. Nicht nur die neue Heimat, auch die Sprache war dem Mädchen damals fremd. Kein Wort habe sie verstanden. Doch das änderte sich schnell. Dafür sorgte eine Frau aus der Nachbarschaft. Sie arbeitete ehrenamtlich in der Lernhilfe und nahm den kleinen Neuankömmling aus Uslu-Agatczh unter ihre Fittiche. Das prägte Irina Obholz. Wo immer es möglich ist, engagiert sie sich seitdem ebenfalls ehrenamtlich. Derzeit bringt sich die Doktorandin an zwei Vormittagen in der Woche im Café des Loackerhuus der Lebenshilfe in Götzis ein. Und spricht von „einer wunderbar erfüllenden Aufgabe“.

Gefälliger Spruch

Vor gut zwei Monaten ist Irina Obholz von Leipzig nach Götzis gezogen. „Weil mein Lebensgefährte eine Stelle in Liechtenstein angenommen hat“, wie sie sagt. Die Lebenshilfe als Möglichkeit, ihre soziale Gesinnung leben zu können, entdeckte sie während eines Spaziergangs. Der Spruch „Menschen brauchen Menschen“ habe ihr gefallen. „Auch mir sind soziale Kontakte sehr wichtig“, begründet Irina Obholz. Obgleich schon spät am Tag, stand die Tür zum Lebenshilfebüro noch offen. Unbefangen marschierte die junge Frau hinein und wurde „sehr freundlich“ empfangen. Mit einer Visitenkarte in der Tasche machte sich Irina Obholz dann wieder auf den Heimweg. „Zwei Tage später durfte ich schon das Loackerhuus kennenlernen“, erzählt sie hörbar begeistert.

Nun steht Irina Obholz jeden Mittwoch- und Freitagvormittag im Café des Loackerhuus und packt dort an, wo sie gebraucht wird. Kasse machen, Frühstück zubereiten, Tische abräumen: Die fröhliche Blondine mit einem Studium in Europarecht, für das gerade die Promotion läuft, hilft überall. „Ich mag diese Arbeit und die Leute dort. Man bekommt so viel Liebe zurück“, hat sie festgestellt. Auch die Erfahrungen, die die Zusammenarbeit mit beeinträchtigten Menschen vor allem in puncto Sozialkompetenz bringt, möchte Irinia Obholz nicht missen. Davon könnten junge Ehrenamtliche besonders profitieren, meint sie.

Ehrenamtstag als Dank

Derzeit engagieren sich über 700 Personen stunden- oder tageweise ehrenamtlich für die Lebenshilfe. Und zwar in allen Bereichen. Dazu zählen unter anderem Werkstätten, Wohnhäuser und Verkaufsgeschäfte. Zum Vergleich: Die Organisation beschäftigt auch rund 700 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Haupt- und Ehrenamt sind also zwei gleich große Stützen in der täglichen Arbeit für und mit Menschen mit Behinderungen. Der Ehrenamtstag, der am kommenden Sonntag im Kulturhaus in Dornbirn stattfindet, soll ein Dankeschön an all die vielen Freiwilligen sein. Erwartet werden rund 200 Gäste.

Irina Obholz wäre auch gerne dabei gewesen. Doch ihre Eltern, die sie schon lange nicht mehr gesehen hat, haben ihren Besuch angekündigt. Der geht diesmal vor. Am Mittwoch wird sie aber wieder im Café Loackerhuus stehen. Freiwillig und tatkräftig anpackend. Und jede Minute intensiv auskostend.