Jeder Tag eine Zugabe

Mit bald 90 nimmt der Wolfurter Alt-Bürgermeister Hubert Waibel das Leben gelassen.
Wolfurt. (VN-mm) Pläne? „Nicht mehr in dem Alter“, sagt Hubert Waibel und lächelt. Ab 85, meint der dann noch, sei jeder Tag eine Zugabe. So gesehen hat es der langjährige Bürgermeister von Wolfurt schon zu einigen Zugaben gebracht. Am Dienstag wird er 90. Und das bei guter körperlicher und geistiger Gesundheit. Auf letztere schaut Hubert Waibel besonders. Regelmäßig lässt er sein Gedächtnis neurologisch testen. Die letzte Untersuchung bescheinigte ihm einen IQ von immer noch 118. Dass er noch gut drauf ist, zeigt sich auch, wenn er sein Lebensbuch aufschlägt und erzählt.
Neue Aufgabe faszinierte
Die Begriffe „erstmalig“ und „einmalig“ kommen im Wortschatz des Hubert Waibel häufig vor. Sie haben ihn durch die gesamte Amtszeit von 25 Jahren begleitet. Schon die Berufung des damals 38-Jährigen zum Bürgermeister-Kandidaten gestaltete sich außergewöhnlich. „Ich war zwar politisch interessiert, aber ansonsten ein völlig unbeschriebenes Blatt“, schildert er die Ausgangssituation. Wie sie auf ihn gekommen seien, habe er nie in Erfahrung bringen können. Bei dieser Anmerkung blitzt Schalk auf in den wachen Augen des rüstigen Pensionisten. Dass der Vater von fünf Töchtern die Verantwortung trotz Vorbehalten seiner Frau Inge (80) übernahm, begründet er im Rückblick mit der Faszination der neuen Aufgabe. Die stachelte letztlich auch seinen Ehrgeiz an. Wenn schon, dann wollte Hubert Waibel wenigstens „kein ÜbergangsBürgermeister“ sein.
Große Herausforderungen
Denn die Gemeinde sah sich vor große Herausforderungen gestellt. Mit dem Niedergang der Landwirtschaft und Erschließung der dadurch frei gewordenen Baugründe wurde Wolfurt zu einer beliebten Zuzugsgemeinde, was enorme Investitionen in die Struktur erforderte. Allerdings fehlte es an Geld. Deshalb betätigte sich Hubert Waibel als „Betriebsansiedler“. Tatsächlich gelang es ihm innert kürzester Zeit, große Unternehmen nach Wolfurt zu bringen. „Das erlaubte uns, die nötigen Schulen und Kindergärten zu bauen“, erinnert sich der Jubilar. Besonders stolz ist er auf die Musikschule. Denn solche Einrichtungen gab es damals nur in Städten. Auch die Hofsteig-Sporthalle und die Erhebung von Wolfurt zur Marktgemeinde 1982 zählt Waibel zu den wichtigsten Errungenschaften, die er während seiner Zeit als Gemeindeoberhaupt gemeinsam mit vielen anderen bewerkstelligen konnte.
Ein großer Coup
Den größten Coup landete er jedoch mit der Ansiedlung des Güterbahnhofs. Satte 80 Millionen Schilling verhandelte Hubert Waibel in die Gemeindekasse. Dass er seinem Nachfolger Erwin Mohr eine finanziell gesunde Kommune übergeben konnte, freut ihn noch immer. Erstmals wurde im Bereich Wolfurt zum Schutz der Bevölkerung auch eine Autobahn tiefergelegt und erstmals mit Hubert Waibel ein Nicht-Jurist Obmann des Rechtsausschusses. Von sich reden machte er ebenso, als er einen gerechteren Finanzausgleich durchsetzte. Die Aufzählungen ließen sich noch lange fortsetzen.
Die Weihen für den „Architekten des modernen Wolfurt“, blieben selbstredend nicht aus. Verdienstzeichen, Ehrenzeichen – das Goldene des Bundes erhielt er mit 88 für sein politisches Lebenswerk –, die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde und zahlreiche Ehrenmitgliedschaften legen Zeugnis von seinem Wirken ab. Heute geht es Hubert Waibel ruhiger an. Er mag Kunst, schöne Bilder, die Oper, das Theater. Und er beherrscht die Kunst des Lebens mit der Abgeklärtheit seines Alters.
Ich wollte kein Übergangsbürgermeister sein.
Hubert Waibel
Zur Person
Hubert Waibel
Geboren: 6. November 1922 in Wolfurt
Familienstand: verheiratet, 5 Töchter, 9 Enkelkinder
Beruf: Pensionist