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Wetter / 12.06.2013 • 18:51 Uhr
Die Kostümbildnerin Evelyne M. Fricker hat u. a. für das Theater der Figur und das Theater Kosmos gearbeitet. Foto: VN/Hartinger
Die Kostümbildnerin Evelyne M. Fricker hat u. a. für das Theater der Figur und das Theater Kosmos gearbeitet. Foto: VN/Hartinger

Für das „Luaga“ sind bestimmte Spezialisten nötig, unter anderem Evelyne M. Fricker.

Dornbirn. (VN-cd) Gerade im Rahmen von Festivals wie „Luaga & Losna“, das gerade in Nenzing gestartet wurde, wird deutlich, welche wichtige Rolle die Kostümbildner inne haben. „Die Fibel“ heißt ein Stück, das das Theater der Figur beisteuert. Der Text des estnischen Autors Andrus Kivirähk handelt von Mauno Truups. Als Behinderter bezieht er seine Lebensweisheiten aus einer alten Fibel. Nach dem Tod der Großmutter wird er zum Handlanger des kriminellen Onkels. Irgendwo im Text heißt es, dass er seine Kleidung über eine Sozialeinrichtung bezieht. Evelyne M. Fricker hatte das umzusetzen. Klingt einfach, oder? „Sie glauben gar nicht, in wie vielen Secondhandläden ich herumgestöbert habe, bis ich das gefunden hatte, woran ich mich orientieren konnte“, erzählt sie. „Es mussten Kleidungsstücke sein, die nicht richtig zusammenpassen, die abgetragen ausschauen und die schließlich der Figur entsprechen, die Regisseurin Sabine Wöllgens gemeinsam mit dem Schauspieler Jochen Ganser kreierte.“ Jedenfalls hat es geklappt.

Einprägend

Die neue Produktion ist noch an mehreren Orten zu sehen und ist eine von vielen, die sich den Zuschauern auch durch die Arbeit der Kostümbildnerin einprägten. Ein besonderes Beispiel der Zusammenarbeit von Fricker mit Theaterleiter Johannes Rausch stellt das Werk „Ich bin Polleke“ dar. Nachdem die Schauspielerinnen auf einer sehr kleinen Bühne mehrmals die Rollen zu wechseln hatten, musste eine offen umsetzbar Lösung gefunden werden. Fricker schneiderte schließlich Kleider mit rasch wegklappbaren und wieder anheftbaren Teilen. Eine wunderbare Idee war das, die der Inszenierung zusätzlich Schwung verlieh. „Die meisten Regisseurinnen und Regisseure haben keine klaren, sondern nur ungefähre Vorstellungen von den Kostümen“, erklärt sie den Ablauf, „die schauen, was ich ihnen anbieten kann, im gemeinsamen Gespräch kristallisiert sich dann eine Optik heraus, die ich zu verfeinern habe.“ Im Allgemeinen hat Fricker bereits beim Lesen der Stücke einige Ideen und bevor erst groß gezeichnet wird, hat sie oft schon Stoffe zur Hand, um ihre Vorstellungen zu verdeutlichen. Dass sie einen Beruf in einer Kreativbranche ergreifen will, wurde der Feldkircherin schon in der Unterstufe des Gymnasiums bewusst. Eine gute Kunstpädagogin hatte das Mädchen so weit gefördert, dass sie zu Hause durchsetzen konnte, die HTL für angewandte Malerei in Innsbruck zu besuchen. In Vorarlberg wurde keine vergleichbare Ausbildung angeboten und Bedenken der Eltern ließen sich damit zerstreuen, dass man an dieser Schule gut 45 Stunden pro Woche zu absolvieren hatte. Diese Zeit habe sie sehr geprägt, blickt sie zurück, und als es ans Geldverdienen ging, hatte sie sich erst einmal als technische Zeichnerin ausprobiert, bevor sie zur Bühne fand.

Inzwischen sind auch einige Ausstattungen für das Theater Kosmos hinzugekommen. Für „Bandscheibenvorfall“, ein Stück, das die harte Arbeitswelt widerspiegelt, mussten jede Menge variantenreiche Business-Kostüme entworfen werden. Zurzeit arbeitet sie an einem Auftrag für ein deutsches Theater. Fricker realisiert auch Kunstobjekte aus Stoff und liest bevorzugt Romane japanischer Autoren, etwa von Haruki Murakami. Wegen der sprachlichen Feinheit.

Schon beim Lesen der Stücke stelle ich mir Kostüme vor.

Evelyne M. Fricker

Zur Person

Evelyne M. Fricker

Geboren: Dezember 1957 in Feldkirch Ausbildung: Angewandte Malerei an der HTL in Innsbruck

Tätigkeit: Kostüme u. a. für das Theater der Figur, das Theater Kosmos, für Ballett- und Tanzproduktionen sowie Tätigkeit im Bereich der bildenden Kunst

Familie: drei Töchter, zwei Enkel

Die Produktion „Die Fibel“ mit Kostümen von Evelyne Fricker ist nach „Luaga & Losna“ u. a. am 20. und 21. Juni im TiK in Dornbirn zu sehen