Erklärungsdruck lässt nach

Wetter / 09.10.2013 • 17:31 Uhr
Seit 20 Jahren ist Erich Baldauf Seelsorger in Dornbirn-Rohrbach. Regelmäßig führt er Pilgergruppen ins Heilige Land. Foto: VN/Matt
Seit 20 Jahren ist Erich Baldauf Seelsorger in Dornbirn-Rohrbach. Regelmäßig führt er Pilgergruppen ins Heilige Land. Foto: VN/Matt

„Priesterrebell“ und Mitarbeiter auf Leitungsebene? Das lässt sich gut vereinbaren.

Dornbirn. (VN-tm) Das nennt man Spagat: An einem Tag leitet Erich Baldauf Vorbereitungssitzungen für den Seelsorgeraum Dornbirn, den er als Dekan moderieren wird. Anderntags trifft er sich mit Vertretern der Pfarrer-Initiative, die das Zusammenlegen von Pfarren strikt ablehnt.

„Will lieber mitgestalten“

Aber der langjährige Pfarrer von Dornbirn-Rohrbach empfindet den Widerspruch nicht ganz so heftig. „Im Seelsorge­raum bleiben die Pfarren ja eigenständig“, sagt er, sie arbeiten nur enger zusammen. „Auch ohne Priestermangel wären wir gefordert, neue Wege zu gehen.“ Vor allem dort, wo die Pfarrer überfordert sind. Und wo ist das? „Zum Beispiel in der Sakramentenvorbereitung.“ Baldauf denkt an Pfarrer, die einen langen und einen kurzen Firmweg hinkriegen müssen. Die eigentlich permanent die unterschiedlichsten Milieus in der Gesellschaft erreichen sollten, „aber allein ist man da überfordert“. Und schließlich engagiert sich der gebürtige Sulzberger Bauernsohn auch deshalb, „weil ich Prozesse nicht erleiden, sondern mitgestalten möchte“.

Internationale Vernetzung

Und worum geht’s, wenn ab heute 30 Vertreterinnen und Vertreter katholischer Reformgruppen aus Australien, Irland, den USA, Deutschland, Österreich und der Schweiz in Bregenz die Köpfe zusammenstecken? „Es geht darum, wie wir uns vernetzen können. Und darum, wie man Pfarrgemeindestrukturen stärkt, statt sie abzuschaffen.“

Die Pfarrer-Initiative zählt in Vorarlberg Baldauf zufolge 20 Priester und etwa 400 unterstützende Personen. Im deutschen Sprachraum – schätzt er – unterstützen etwa 2000 Priester die sich den Reformanliegen. Wenn aber auf der Homepage der Initiative von „drängender Sorge und wachsender Unzufriedenheit“ mit der Kirchenspitze die Rede ist, haben sich die Dinge doch entspannt. „Bis vor Kurzem hatte man als Priester ständigen Erklärungsbedarf bezüglich der Kirchenleitung“, erinnert sich Baldauf. Unter dem neuen Pontifikat von Papst Franziskus „fällt viel davon weg“.

Dieser Papst vom anderen Ende der Welt wirft Fragen auf: „Wir sollen eine Kirche der Armen sein und uns dorthin begeben, wo die Wunden sind. Was heißt das?“ Baldauf sieht die katholische Kirche vor einer „spannenden Herausforderung“. Dass 2014 eine eigene Bischofssynode die Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene überdenken wird und eine weitere Bischofsversammlung die Familienpastoral zum Thema macht, all das sind Hoffnungszeichen.

Obwohl noch viel fehlt. „Die Frauenfrage“ ist für Baldauf „ganz virulent, daran können wir uns nicht vorbeischwindeln“. Allerdings dürfe sich die Kirche auch nicht erwarten, „dass der Papst alles für uns regelt. Da braucht es Stimmen von unten.“

So eine Stimme ist er selber. Seit Jahrzehnten schon. Als Schüler am Gymnasium in Egg hat ihn beeindruckt, wie sich ein Lehrer aus Götzis mit Elan für die Kirchenrenovierung einsetzte. In Sulzberg hat ihn Pfarrer Konrad Berchtold fasziniert, wenn er biblische Geschichten zum Besten gab. „Die vom verlorenen Sohn“ ist dem Kind aus einer neunköpfigen Familie „sehr nachgegangen“.

Baldauf hat nie bereut, selber Priester geworden zu sein. „Ich habe meine Arbeit stets als sehr sinnvoll erlebt.“ Die Zukunft der Kirche ängstigt ihn nicht. „Es wird immer Menschen geben, die spirituell unterwegs sind und nicht in den Tag hinein leben wollen. Das ist unsere Chance.“

An der Frauenfrage können wir uns nicht vorbeischwindeln.

Erich Baldauf

Zur Person

Erich Baldauf

wird den neu geschaffenen Seelsorgeraum Dornbirn moderieren. Er ist gleichzeitig Vorarlberger Sprecher der Priesterinitiative Helmut Schüllers.

Geboren: 8. März 1957

Ausbildung: Theologiestudium in Innsbruck und ein Jahr lang in Rom

Laufbahn: seit 1993 Pfarrer in Dornbirn-St. Christoph, seit 2000 Dekan von Dornbirn