Ein besonderes Publikum

Elvira Dür bringt ihre Mitbewohner in der Seniorenresidenz zum Singen.
dornbirn. (VN-mm) Achtzig Jahre und immer noch bestechend agil: Elvira Dür tut allerdings auch etwas für ihre geistige und körperliche Rüstigkeit. „Das ist wichtig, um möglichst lange fit zu bleiben“, sagt sie bestimmt. Dass die ehemalige Krankenschwester seit 2011 in der Seniorenresidenz Martinsbrunnen in Dornbirn lebt, tut da nichts zur Sache. Was sie kann, erledigt sie selbst. Gleichzeitig versucht Elvira Dür, ihre Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in Schwung zu bringen.
Einmal monatlich organisiert sie einen Singnachmittag. Das mag vielleicht banal klingen, doch das Projekt entstammt einem besonderen Anlass. Nämlich dem Film „Life is Life“, in dem ein zum sozialen Dienst verdonnerter Musiker die bis dahin in Agonie liegenden Bewohner eines Altersheims buchstäblich zum Leben erweckt. Der Streifen hat Elvira Dür zu ähnlichen Überlegungen animiert. Und siehe da, es funktioniert.
Musikanten gesucht
Elvira Dür schleppt dicke Mappen herbei. In einer Mappe hat sie fein säuberlich alle Veranstaltungen seit dem 11. Juli 2012 aufgelistet. Fotos von fröhlichen alten Menschen sind da zu sehen und kleine Anmerkungen zu lesen. In einem anderen Band befinden sich ausgesuchte Liedtexte zum Mitsingen. Insgesamt 94 wurden es. „Es handelt sich um Lieder, die die Leute kennen“, erzählt Elvira Dür von einem inzwischen verstorbenen Herrn, der zwar dement war, aber sich zum begeisterten Sänger erhob, wenn das Lied „Gefangen in maurischer Wüste“ angestimmt wurde. Das sind Erlebnisse, die die leutselige Frau immer aufs Neue bestätigen, nicht locker zu lassen und den Menschen bei aller erwünschten Selbständigkeit auch Gemeinschaft zu ermöglichen. Denn so einfach sei der Beginn nicht gewesen, gibt sie zu. Doch unverdrossen sprach Elvira Dür allein herumsitzende Personen an. Nach und nach fand ihr Anliegen Gehör. Inzwischen finden sich bis zu 40 sangesfreudige Senioren zu jedem Singnachmittag ein.
Zuerst galt es jedoch, Musikanten zu finden. „Beim Musikantentreff in Götzis waren wir erfolgreich. Wir trafen Musiker, die sofort zusagten, einmal im Monat in der Seniorenresidenz aufzutreten“, erzählt Elvira Dür mit hörbarer Begeisterung. Auch die Leitung des Hauses zeigte sich mit der Aktion einverstanden. „Schon am ersten Nachmittag kamen 30 Personen“, berichtet die sympathische Frau von einem fulminanten Start.
Positive Rückmeldungen
Die vielen positiven Rückmeldungen beflügelten Elvira Dür, weiterzumachen. Heute hat sie drei Gruppen, die abwechselnd im großen Speisesaal aufspielen. „Alte Menschen brauchen eine Beschäftigung, und Singen kann doch jeder.“ Es ist wohl so, wie das Alter des Publikums zeigt. Zwischen 70 und 100 sind die Frauen und Männer, die am Ende eines jeden Singnachmittags voller Inbrunst das elegische „Sierra Madre“ intonieren. „Das Lied mögen sie“, weiß Elvira Dür, die aus einer kleinen Sache etwas Besonderes gemacht hat. Doch das will sie nicht hören. „Jemand muss der Motor sein“, sagt sie nur. Und der brummt noch kräftig.
Alte Menschen brauchen Beschäftigung. Singen kann jeder.
Elvira Dür

Zur Person
Elvira Dür
Geboren: 21. Oktober 1933 in Doren
Wohnort: Dornbirn
Beruf: Pensionistin
Hobbys: Bewegung, jeden Morgen steht eine halbe Stunde Gymnastik auf dem Programm, Singen, Jassen