Lobbyistin für die Bürger

Die gebürtige Dornbirnerin Ursula Pachl setzt sich in Brüssel für Konsumentenrechte ein.
brüssel. (VN-stm) Ursula Pachl war bereits im Ausland, als sie der Ruf in die europäische Hauptstadt erreichte. In Paris arbeitete die studierte Juristin 1997 für eine Nichtregierungsorganisation. Bis ein Bekannter sie auf die offene Stelle beim Europäischen Verbraucherverband, kurz BEUC, aufmerksam machte. „Es war insofern kein Zufall, weil ich immer schon ins Ausland wollte“, erinnert sich Pachl. „Aber es war ein Zufall, wie es sich ergeben hat.“
„Unsere Stimme hat Gewicht“
Wenige Monate später trat sie ihre Stelle als Rechtsreferendarin bei BEUC an. In den darauffolgenden Jahren erklomm Pachl Sprosse um Sprosse der Karriereleiter, bis sie 2010 zur stellvertretenden Generaldirektorin aufstieg. Als solche ist sie nunmehr für das ganze Spektrum von Verbraucheranliegen zuständig: Von Lebensmittelsicherheit über digitale Rechte bis hin zum Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen.
Der Arbeitsalltag der 49-Jährigen besteht vor allem aus einem: überzeugen. Sowohl bei den Beamten der Europäischen Kommission als auch bei den Mitgliedern des Europäischen Parlaments spricht Pachl regelmäßg vor, um die Interessen der Konsumenten zu vertreten. Die Türen stünden ihr in der Regel offen, sagt Pachl. Was sicher auch daran liege, dass die 30 Teilorganisationen – darunter die Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation – in der Regel mit einer Stimme sprechen.
Dementsprechend lang ist die Liste der Erfolge, die Pachl auf die Arbeit ihrer Organisation zurückführt. Die Absenkung der Roaminggebühren zählt etwa dazu. Oder die Verbesserung der Verbraucherrechte im Internet, beispielsweise beim Onlineshopping. Und selbst die Entschädigung der Flugpassagiere nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im März 2010 wäre nicht möglich gewesen, hätten Interessensvertreter wie BEUC nicht Jahre davor für einen Ausbau der Fluggastrechte gekämpft. „Unsere Stimme hat schon Gewicht“, ist Pachl überzeugt.
Spannung und Hoffnung
Mit ihrer Berufsbezeichung hat die Auslands-Vorarlbergerin übrigens kein Problem: „Ich bezeichne mich gerne als Lobbyistin“, sagt Pachl. Mit dem Klischee von schwarzen Geldkoffern und Hinterzimmergeschäften habe ihre Tätigkeit nämlich rein gar nichts zu tun. Vielmehr sieht sich Pachl in einer „Vermittlerrolle“ zwischen den Konsumenten und den gesetzgebenden Institutionen. Anregungen kommen aus den mehr als 30 Trägerorganisationen aus ganz Europa. Und zwar sowohl dann, wenn ein konkreter Gesetzesvorschlag vorliegt, als auch dann, wenn sie selbst Handlungsbedarf sehen. Danach sind Pachl und ihr Team gefragt.
Die Wahlen zum Europäischen Parlament am kommenden Sonntag erfüllen die gebürtige Dornbirnerin mit sehr viel Spannung und Hoffnung. Auf der einen Seite begrüßt sie, dass endlich viel diskutiert wird im Vorfeld einer Europawahl. Andererseits ist die Sorge groß, dass die Europa-Skeptiker den Sieg davontragen. Dann würde auch ihre Arbeit für die Konsumenten schwieriger werden: „Die wollen ja nicht mitarbeiten, nur zerstören.“
Unsere Stimme hat schon Gewicht in den Institutionen.
Ursula Pachl
Zur Person
Ursula Pachl
Stellvertretende Generaldirektorin des Europäischen Verbraucherverbandes (BEUC)
Geboren: 21. April 1965 in Dornbirn
Ausbildung: Studium der Rechtswissenschaften
Familie: verheiratet, drei Söhne