Bei Wind und Wetter

Tamara Steckermeier leitet einen in Österreich einzigartigen Kindergarten.
Hohenems. (VN-daf) Sie hat sich ihren Traumjob erfüllt: Frische Luft, einen Haufen Tiere, mitten in der Natur und gut ein Dutzend lachende Kindergesichter. Tamara Steckermeier ist Leiterin des Hofkindergartens in Hohenems. Dort spielen die Kinder täglich bei Wind und Wetter drei Stunden im Freien und beschäftigen sich mit der Natur. „Viele Kinder wachsen heutzutage vor dem Computer oder TV-Gerät auf und haben viel zu wenig Bewegung“, findet die Pädagogin. Als sie selbst noch ein Kind gewesen war, habe man viel im Dreck gespielt und sei mit der Natur täglich in Berührung gekommen.
Das wollte Steckermeier wiederbeleben. Gemeinsam mit dem Direktor der Landwirtschaftsschule Markus Schwärzler, Kindergartenreferentin Gertraud Gächter und anderen Pädagoginnen entwickelte sie die Idee zu dem in Österreich einzigartigen Kindergarten. „Anfangs gab es in der Schule große Skepsis, ob den Kindern bei den großen Tieren und Maschinen nichts zustoßen könne. Der Direktor war aber eine große Stütze und überzeugte schließlich alle Lehrer von der Idee“, erzählt Steckermeier. Und passiert sei bis heute noch nichts.
Hobby und Beruf verbunden
Im Herbst 2012 startete das Projekt dann vorerst versuchsweise, bis der Kindergarten im vergangenen Herbst offiziell eröffnet wurde. Damit konnte Steckermeier, die zuvor 15 Jahre in herkömmlichen Kindergärten gearbeitet hatte, sich endlich ihren Wunsch erfüllen und die Liebe zu Tieren und den Spaß an der Arbeit mit Kindern verbinden.
Mehrmals in der Woche kümmert sie sich mit zwei weiteren Pädagoginnen und den Kleinen um die Schweine, Hühner, Rinder und Pferde des naheliegenden Rheinhofes. „Es ist schön zu sehen, wie das Selbstvertrauen der Kinder im Umgang mit den Tieren wächst“, erzählt die 34-Jährige, die ursprünglich Tierärztin werden wollte. Dieser Umgang will aber auch gelernt sein. So mussten die Drei- bis Fünfjährigen einen Hundeführerschein machen, bevor die Kindergärtnerin ihren Jack Russell Terrier zur Arbeit mitbrachte. „Ist er jetzt zu Besuch, haben die Kinder kaum ein Auge für etwas anderes“, berichtet die Hohenemserin.
Zu erleben gibt es für die Kleinen im Hofkindergarten aber auch sonst genug. Egal ob Erdbeersuchen im eigenen Gemüse- und Obstgarten, Theaterspielen mit aus Zweigen gebastelten Figuren oder einfach nur im Matsch herumtollen – mit etwas Fantasie wird die Natur zum größten Spielplatz.
Nichts für zarte Gemüter
Natur heißt aber auch: Regen, Schnee und Kälte. Denn auch im tiefsten Winter verbringen die Pädagoginnen und „ihre“ Kinder die Zeit im Freien. „Gerade bei schlechtem Wetter oder im Winter werde ich oft bemitleidet, weil ich täglich draußen bin“, erzählt Steckermeier. Der Freude an ihrem Beruf tut das aber keinen Abbruch, sie schlüpft dann morgens einfach in wetterfeste und warme Kleidung. Trotzdem gibt die 34-Jährige zu, dass der Job vielleicht nicht jedermanns Sache ist. „Man sollte schon Spaß mit Tieren haben, dreckresistent und gerne draußen sein“, meint Steckermeier und lacht, als ein Kind mit Anlauf in eine Pfütze springt.
Wer sich selbst von der eigenen Dreckresistenz überzeugen möchte, kann dies am Donnerstag ab 9 Uhr beim Tag der offenen Tür der Landwirtschaftsschule tun. Dann öffnen auch die Kleinen des Hofkindergartens die Pforten zu ihrem Reich.
Die Idee eines Hofkindergartens schlummerte schon lange in mir.
Tamara Steckermeier
Zur Person
Tamara Steckermeier
ist Leiterin des Hofkindergartens in Hohenems.
Geboren: 3. August 1979
Ausbildung: Kindergarten-, Sonderkindergarten- und Reitpädagogin, Schule am Bauernhof
Hobbys: Tiere, Tanzen, Lesen