Wenn Kirche Spaß macht

Der Kirchenverdruss hat sich bei Michael Hämmerle nicht automatisch eingestellt. Ganz im Gegenteil.
Dornbirn. (VN-tm) Es gibt sie noch, die in der Kirche ganz selbstverständlich groß gewordenen Jugendlichen, die nie wirklich den Draht verloren haben zum Glauben ihrer Eltern und sich so wohlfühlen in ihrer Pfarre, dass sie schon mit 22 Jahren Verantwortung übernehmen wollen. Seit wenigen Tagen ist der Dornbirner Student Michael Hämmerle zweiter Vorsitzender der größten Vorarlberger Jugendorganisation.
Immerhin zählt die Katholische Jugend und Jungschar in Vorarlberg 7117 aktive Kinder und Jugendliche in den Pfarren. Die gehen auf Schulungen und ins Sommerlager. 30.000 Euro schießt die Katholische Kirche dafür jährlich zu. Einen neuen Neunsitzer hat sich die Diözese 25.000 Euro kosten lassen. Im Augenblick werden alle Reserven in die Renovierung der Jungschar-Hütte Lohorn gesteckt.
Als Kind geprägt
Hämmerle ist in seiner Heimatpfarre Dornbirn-Markt seit acht Jahren aktiv. Die Eltern nahmen ihn und seine ältere Schwester Silvia schon früh regelmäßig in die Gottesdienste mit. Die „Büchle mit den Bibelgeschichten“ hat er gern durchgeblättert und es auch genossen, wenn sich an einer bestimmten Stelle der Messe alle Kinder in einer Seitenkapelle versammelt haben, wo ihnen Lesung und Evangelium kindgerecht vermittelt wurden. Die Geschichte von Noah und der Arche, der Einzug der Kinder zurück in den Gottesdienst der Erwachsenen mit Kerzen in der Hand, all das erzeugte eine tragfähige Beheimatung. Mit 14 Jahren wurde Michael Ministrant. „Das war spannend, vor so viele Leute zu treten.“ Da muss man höllisch aufpassen, besonders an hohen Feiertagen. Vor allem, „dass man in die richtige Richtung läuft“, sonst gehen der Priester und seine Ministranten unversehens getrennte Wege. Weil er zeitgerecht in eine aktive Rolle fand, hat sich bei Michael Hämmerle die kirchliche Null-Bock-Phase nie ausgeprägt. Er brauchte gerade mal so viel Abstand wie praktizierende Christen ihre Fastenzeiten. „Man muss manchmal auf etwas verzichten, damit es bewusst wieder Spaß macht.“ Heute ist er auch als Hilfsmesner aktiv.
Deutet das alles nicht unweigerlich auf eine entsprechende berufliche Laufbahn hin? Aber da kommt der Student ins Straucheln. Technik hat ihn seit jeher brennend interessiert. Die will er zum Beruf machen. Priester werden kommt dagegen für ihn nicht in Frage. Warum nicht? „Zölibat“, fasst er den Hauptgrund in ein Wort. Außerdem liegt ihm das Zeremonielle, die Liturgie weit weniger, als mit Menschen direkt in Kontakt zu treten. Überhaupt könnten viele Jugendliche mit der normalen Messe heute nichts mehr anfangen. Alternativen wüsste er schon. Gerade hat er eine hautnah erlebt. „Über Pfingsten war ich in Taizé.“
Auftanken im Burgund
Den ökumenischen Männerorden nahe Cluny im Burgund hat Frère Roger Schutz gegründet, der 2005 von einer psychisch kranken Frau erstochen wurde. Aber sein Geist lebt auch in den Jugendtreffen weiter, die wie heuer zu Pfingsten zu einem regelrechten spirituellen Happening geraten. „Aus Österreich waren wir 200 Leute.“ Wenn Michael an das kleine Taizé-Kreuz in Form einer Taube fasst, das an seinem Hals baumelt, kommen die Erinnerungen wieder. So mag er Kirche am liebsten. Sie haben nichts Besonderes getan in Taizé, „einfach nur gebetet und gesungen“. Ohne großes Brimborium, aber dafür sehr intensiv.
Viele Jugendliche können mit der normalen Messe nichts mehr anfangen.
Michael Hämmerle
Zur Person
Michael Hämmerle
ist seit Kurzem zweiter Vorsitzender der Katholischen Jugend und Jungschar in Vorarlberg
Geboren: 4. April 1992
Ausbildung: FH-Studium der Mechatronic, jetzt folgt eine Lehre
Familie: ledig