Der tollkühne Sammler

Was Männer von Buben unterscheidet, ist der Preis ihres Spielzeugs, unterstreicht Reinhard Häfele.
Frastanz. (VN-cd) Den Kriegern der nördlichen Plains ist er seit Jahren auf der Spur, Karl May allerdings, den verachtet er, über das Grammophon und den Phonographen weiß er so ziemlich alles, was es zu wissen gibt, und seine wertvollen Objekte werden nicht irgendwo hübsch aufbewahrt, er lebt inmitten von ihnen. Er bezeichnet sich als Sammler aus Leidenschaft und begründet sein Tun durchaus pragmatisch. Von Beruf ist Reinhard Häfele Lehrer. Was und vor allem wie er sammelt, das hat in den letzten Jahren auch die Aufmerksamkeit von Museumsfachleuten erregt.
Freilich stellt man sich die Frage, wie ein Vorarlberger, der hier aufgewachsen ist, dazu kommt, ausgerechnet alles über indigene Völker in Nordamerika zu sammeln. Er habe als Kind gerne Indianer gespielt, führt er aus. Sobald es für ihn die Möglichkeit gab, authentische Objekte zu erwerben, habe er zugegriffen.
Bilder zurechtgerückt
Im Zuge der Ethno-Welle im ausgehenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen Ausrüstungsgegenstände, Kleidung oder beispielsweise Federhauben nach Europa. Durch die Beschäftigung mit Waffen, Werkzeugen oder reich geschmückten Accessoires hat er sich so viel Wissen angeeignet, dass er inzwischen schon einige Artikel für Fachmagazine verfasste. Karl May, der Schöpfer von Winnetou, habe ihm schon als Kind nicht viel gesagt, und später sei er sowieso in der Lage gewesen, nicht nur dem berühmten Schriftsteller zahlreiche Fehler nachzuweisen, sondern auch das Bild von den Indianern, das durch Erzählungen oder Filme geprägt wurde, zurechtzurücken. So sei ihnen ein Leben im Einklang mit der Natur genauso nicht unbedingt nachzuweisen wie ein besonders edles Verhalten bei kriegerischen Auseinandersetzungen. In zahlenmäßiger Überlegenheit und mit besserer Bewaffnung hätten ihnen die weißen Siedler freilich die Lebensgrundlagen entzogen. In einer möglichst raschen Integration oder Assimilation sahen humane Zeitgenossen in den Oststaaten, so Häfele, eine Möglichkeit, jene Barbarei zu beenden, als die das Verhalten der Weißen im Westen schon damals verurteilt wurde.
Abgesehen vom wissenschaftlichen Interesse wird der Sammler durch die Ästhetik der Objekte motiviert. Diese Faszination, die ihn treibt, kommt auch bei weiteren Bereichen seines „Museums“ zum Ausdruck. Vor Jahren kam er zum Nachlass jener Therese Zauser aus Feldkirch, deren Biografie in der Ausstellung „Tollkühne Frauen“ im Frauenmuseum in Hittisau thematisiert wurde, und hat Teile davon Einrichtungen wie dem Vorarlberg Museum überlassen. Die Tänzerin feierte in vielen Ländern Erfolge und wurde als Gegnerin des Nationalsozialismus ermordet. Zu ihrem Besitz zählte ein Koffergrammophon. Der authentische Klang einer alten Schallplatte hat Reinhard Häfele sofort gefangengenommen. „So etwas Vergängliches wie die menschliche Stimme auf Tonträger zu erhalten, das war ähnlich revolutionär wie die Erfindung der Fotografie, mit der man einen flüchtigen Moment festhält.“ Zu seinen ältesten Stücken zählt ein Edison Phonograph aus dem Jahr 1896. Geräte, mit denen man die Welt zu vermessen begann, sind ein weiteres Kapitel einer Sammlung, in der ein Mensch mit Köpfchen und – wie er selbst meint – unbändigem Spieltrieb lebt.
Ich will abgedroschenen Sammlerklischees entgegenwirken.
Reinhard Häfele
Zur Person
Reinhard Häfele
Beruf: Lehrer für Deutsch und Bildnerische Erziehung an der Mittelschule
Nebenberufliche Tätigkeit: Sammeln von Kunstgegenständen, Beiträge in Fachmagazinen
Wohnort: Frastanz