Wahre Liebesgeschichte

Regisseur Martin Gruber zeigt eine einfühlsame Inszenierung zu Franz Michael Felder.
Wien. (VN-com) Nach ihrem großen Erfolg im Ländle kam die szenische Lesung „Liebeserklärung“ rund um Franz Michael Felder und seine Ehefrau Anna im Oktober einmalig nach Wien. Bei der Lesung im Gasthaus bamkraxler ging es vor allem um die Liebesbriefe, die sich die beiden vor ihrer Hochzeit geschrieben haben. Beeindruckt haben den Regisseur Martin Gruber die Briefe durch ihre Kraft und Ausdrucksstärke. Als Vorarlberger setze man sich unweigerlich mit Franz Michael Felder auseinander. Bei Gruber war es früh und intensiv. Als 18-Jähriger habe er beim Lesen Rotz und Wasser geheult, als die Nanni starb. Er sieht in Felder und seiner Frau Vorbilder. Sie wollten vermeintlich festgefahrene Strukturen verbessern. Heute wären die beiden vielleicht bei der sozialkritischen Bewegung Attac, mutmaßt Gruber schmunzelnd. Aktuelle gesellschaftspolitische Zusammenhänge sind bei seinen Inszenierungen immer präsent.
Verführen ohne anzubiedern
Hauptthema ist die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, sei es das Prekariat im Stück „Werktagsrevolution“ oder die österreichische Politik in „Wir gründen eine Partei.“ Die Stücke heben sich nicht nur durch ihre spannende Inszenierung, sondern auch durch ihre inhaltliche Authentizität ab. Zu den klassischen Aufgaben eines Regisseurs gehört es, passend zu einem Text Schauspieler, Komponisten und Bühnenbildner auszuwählen und sie nach seiner Vorstellung aufeinander abzustimmen. Martin Gruber geht einen Schritt weiter. Er erarbeitet Text und Aufbau seiner Stücke gemeinsam mit den Schauspielern und Autoren. Bei dem Prozess stehen die Kommunikation und die gemeinsame Arbeit im Vordergrund. Mit dem Dramaturgen Martin Ojster tauscht er sich schon seit 18 Jahren künstlerisch und inhaltlich aus. Die entstandenen Geschichten basieren so zum Teil auf tatsächlichen Erlebnissen der Akteure. Der Regisseur versucht damit über das Erwartbare hinauszugehen und Theater zu machen, das berührt, irritiert oder verwirrt, denn „die größte Sünde am Theater ist die Langeweile“.
Theater ohne Vorhang
Dass Martin Gruber Regisseur werden will, wusste er schon als Jugendlicher. Er besuchte die Schauspielschule Innsbruck, um das Schauspielhandwerk von Grund auf zu lernen. Die Strukturen dort waren ihm zu konservativ und festgefahren. Schon in seinem letzten Jahr an der Schauspielschule gründete er daher sein eigenes Ensemble in Dornbirn. Heuer feierte das Aktionstheater sein 25-jähriges Bestehen. Seit dem Beginn soll es vor allem den Schauspielern einen angstfreien Raum bieten.
„ensemble“ in Wien
Heute kann der Vorarlberger davon leben, aber der Weg dahin sei ein harter gewesen. Begonnen hat er als Regisseur mit den alten Griechen, u.a. Antigone und Elektra von Sophokles. In den 90er-Jahren gründete er eine zweite Niederlassung des „aktionstheater ensemble“ in Wien. Weitere Klassiker wie Nathan der Weise beschaffen Martin Gruber Ausflüge an die großen Häuser. Der Vorarlberger inszenierte unter anderem am Wiener Volkstheater, bei den Bregenzer Festspielen, den Bühnen Augsburg und der Wiener Volksoper. Der Beruf ist sein Leben und das Ziel ist immer das nächste Projekt. Das Leben sei aber genauso wichtig wie der Beruf: „Denn wenn du das Leben nicht lebst, kannst du nicht davon erzählen.“
Die größte Sünde am Theater ist die Langeweile.
Martin Gruber
Zur Person
Martin Gruber
Vorarlberger Regisseur sowie Gründer und Leiter des „aktionstheater ensemble“
Geboren: 10. Juni 1967, Bregenz
Familie: Seit zwölf Jahren in einer Partnerschaft
Ausbildung: Schauspielschule in Innsbruck
Hobbys: Reisen, Musik, Kino