„Lesen ist wie essen . . .“

Eine Montafoner Bibliothekarin jagt nach Neuem und Spannendem in der Bücherwelt.
SChruns. (VN-ral) Es war einmal ein Märchenbuch unterm Weihnachtsbaum. Damit begann die Geschichte von Ursula Vonbrüll und ihrer Faszination für die Welt der Bücher. „Als ich mein erstes Märchen selbstständig lesen konnte, war es um mich geschehen“, erzählt die 55-Jährige mit leuchtenden Augen. Die Zeilen von den Gebrüdern Grimm in dem Buch, das sie als Volksschülerin zu Weihnachten bekommen hatte, verzauberten die Montafonerin. Noch heute kann sie kaum von Gedrucktem ablassen: „Sobald ich lesen konnte, eröffneten sich für mich plötzlich ganze Universen.“
Jagd auf Lesestoff
„In einer Bibliothek fühlte ich mich wie im Schlaraffenland“, erinnert sich Vonbrüll, „aber es war nicht immer einfach, an meine Lieblingsbücher zu gelangen. Oft musste ich die Bibliothekarin sogar anbetteln, dass ich ein bestimmtes Buch bekam.“ Als ein besonderes Glück sieht sie es daher, dass ihr Vater damals Hauptschullehrer war und sie in den Ferien Zugang zu den Büchern der Schule hatte. Für die neunwöchigen Sommerferien am Maisäß deckte sich die Schrunserin mit so viel Lesestoff ein, wie sie nur tragen konnte.
Faszination Lesen
Eine Leidenschaft wurde zum Beruf. Ursula Vonbrüll leitet seit 14 Jahren die Bücherei Stand Montafon. Ebenso viele Jahre waren es, die sie als Hausfrau und Mutter zuvor ihren Kindern widmete. Den Wunsch, einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, die ihr wirklich Freude bereitet, konnte sie sich schließlich als Bibliothekarin erfüllen. Das Besondere an der Arbeit liegt für die leidenschaftliche Leserin auf der Hand: „Einerseits darf ich mit meiner Faszination für das Lesen arbeiten und diese teilen. Andererseits wollte ich seit meiner Schulzeit mit vielen Leuten zu tun haben.“
Freundlich lächelnd steht Vonbrüll hinter der Ausleihtheke und begrüßt jeden Einzelnen, der die Bibliothek betritt. Den Namen ihrer Kundschaft zu kennen gehört für sie zum guten Ton. Informieren, beraten und entleihen sind die sichtbaren Tätigkeiten der Bibliothekarin. Doch für sie ist das längst nicht das Interessanteste am Beruf: „Teil des Jobs ist der Bestandsaufbau, das heißt Rezensionen zu lesen und mit den Vorlieben der Kunden abzugleichen.“ Als nächsten Schritt heißt es die ausgewählten Bücher in der Buchhandlung im Dialog mit dem Buchhändler zu erwerben. „Das ist Spaß“, sagt die zweifache Mutter begeistert. Ihr besonderes Anliegen ist es, die Buchhandlungen vor Ort zu unterstützen.
Bücher schmücken neue Räume
Seit der Neueröffnung der Bibliothek am 17. November finden sich mehr als 15.000 Medien innerhalb der Wände des “Haus Montafon” in Schruns. Auszuleihen gibt es Bücher, Magazine, Hörbücher, DVDs oder Spiele. Mittlerweile profitieren fast 1000 aktive Leser vom Sortiment. Mehr Platz, mehr Möglichkeiten, mehr Personal, mehr Angebot – Vonbrüll freut sich über die Neuerungen: „Der Umzug fühlt sich gut an. Wenn man aus einem Kleidungsstück herauswächst, muss es eben vergrößert werden.“ Sie sieht die Bücherei als ein Stück Montafon, das allen gehört und für alle offen sein soll.
Vier Grundkriterien müssen für Vonbrüll zusammenspielen, die ein Buch zu etwas Besonderem machen: ausgezeichnete Sprache, gute Handlung, eine Überraschung und interessante Charaktere. Die Montafonerin vergleicht Lesen mit Essen: „Ein Festmenü gibt es nur zwei bis drei Mal pro Jahr. So ist es auch mit richtig guten Büchern.“
Ein Festmenü gibt es nur zwei bis drei Mal pro Jahr.
Ursula Vonbrüll
Zur Person
Ursula Vonbrüll
leitet die Bibliothek Montafon in Schruns
Geboren: 21. September 1959
Wohnort: Schruns
Beruf: Bibliothekarin
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Hobbys: Gärtnern, Kochen, Skifahren, Natur, Reisen