„Eine ganz andere Welt“

Wolfgang Beck empfindet das Leben auf einem Schiff als besonders gemeinschaftsfördernd.
Schwarzach. (VN-ht) Während Sie diese Zeilen lesen, ist Wolfgang Beck ziemlich sicher noch bei der Rund Um-Regatta mit seinem 45qm Nationalen Kreuzer unterwegs und kämpft nach langer Nacht gegen Müdigkeit und womöglich Flaute, die bei Hitze noch drückender und demotivierender wirkt. Zu Hilfe wird ihm dabei jedoch eine seiner Grundtugenden kommen: Geduld. „Die gehört zu meinem Beruf als Lehrer“, erklärt er.
Ein Freund führte ihn im Alter von 15 Jahren zum Segelsport. „Der konnte schon viel, weil er als Kleiner mit Optimist und Jolle angefangen hatte.“ Dass er diese wichtige Vorphase nicht erlebt hat, bedauert Wolfgang Beck heute, denn „die Leute, die so früh segeln lernten, haben weit mehr Gespür.“ Er müsse sich dieses Bootsgefühl jedes Jahr neu erarbeiten. „Woher kommt das Schwanken? Vom Wind, Wellen, Strömungen? Was ist das für ein Geräusch? Bedrohlich, einen Defekt anzeigend, unbedeutend?“ Für alle diese Signale ist die Aufmerksamkeit zu schärfen und Sensibilität zu entwickeln.
Beck betreibt beide Facetten des Segelsports. „Ich mag den Wettkampf, auch wenn ich nicht immer erfolgreich bin, und das entspannte Daysailing.“ Jede Sphäre hat ihre eigene Emotionalität, ob bei Hack (was in der Seglersprache Sturm bedeutet) oder in beschaulichem Lüftchen. „Ich finde es immer faszinierend, bekomme den Kopf dabei frei, und wenn’s heiß wird, springe ich ins Wasser an einem Ort ohne Geschrei und Musikgedudel.“ Man taucht eben in eine ganz andere Welt ein, empfindet er.
Wettkampf und gute Sitten
Wolfgang Beck betreibt den Regattasport am liebsten in seiner Klasse, den 45ern. „Das ist eine eingeschworene Gemeinschaft, die mit hohem Niveau am Wasser hart aber fair kämpft, danach wieder den freundschaftlichen Small Talk pflegt“, beschreibt er die Gruppe, deren Obmann er ist. Seit 15 Jahren vertritt er ihre Interessen vorwiegend gegenüber Regattaveranstaltern. „Wir segeln wertvolle Schiffe, deren Eigner nicht stur die Vorfahrt erzwingen, bis es kracht.“ Deshalb segeln sie gerne gemeinsam mit ähnlichen Klassen wie 30er, 75er oder Lacustre. Unter ihnen gelten die normalen Umgangsformen. „Spitzenleute agieren ruhig, taktieren intelligent, brüllen Konkurrenten nicht an, fahren regelkonform und wenn ein Fehler passiert, führen sie die Strafe dafür selbstverständlich aus“, beschreibt Beck den Stil, der leider nicht in jeder Klasse üblich sei.
Das alles ist mit ein Grund dafür, dass der passionierte Segler zur Rund Um mit gemischten Gefühlen antritt. „Da kommen Leute, die nur einmal im Jahr regattieren, deren wichtigste Vorbereitung darin besteht, genug Bier einzulagern statt Regeln zu lernen; da fahren langsame Bötchen durch die Nacht, durch die auch superschnelle Hightechgeräte rasen. Ich bin immer froh, wenn sie vorbei ist.“ Er fährt diesen Bewerb nur, weil er zur Jahreswertung seiner Klasse gehört, betont er.
Kollegen von Beck führten mit ihrer Klasse schon eine Segelwoche durch und berichteten nur Positives darüber. „Auf engstem Raum in wenig Komfort zusammen leben zu müssen, lehrt Rücksichtnahme, sich im Interesse der Gemeinschaft zurückzunehmen“, ist auch seine Erfahrung mit Segelfreunden. Daher empfiehlt Wolfgang Beck, gerade mit Schulklassen, deren Zusammenhalt schwach ausgeprägt ist, auf große Fahrt zu gehen.
Auf einem Schiff lernt man, sich zurückzunehmen.
Wolfgang Beck
Zur Person
Wolfgang Beck
Segelte bis 214 einen 45er mit Gaffeltakelage.
Geboren: 1955
Wohnort: Hard
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Beruf: Professor für Deutsch und Englisch an der HAK Bregenz