Bergfex und Lebensretter

Rudi Schneeweiß aus Partenen war mehr als 60 Jahre als Bergretter aktiv.
Partenen. (VN-kum) Früher als in den meisten anderen Orten entstand im Bergdorf Partenen eine Bergrettung in organisierter Form, die im Falle eines Alpinunfalls eine Bergung abwickeln konnte. Das verwundert nicht, denn die Silvretta mit ihren Dreitausendern zog viele in ihren Bann. Wer will nicht einmal auf dem höchsten Berg Vorarlbergs stehen und von den tiefen Gletscherspalten erzählen können? Aber das Hochgebirge hat seine Tücken und Gefahren. Mit der steigenden Zahl von Bergsteigern nahm auch die Zahl von Alpinunfällen zu. In Partenen gründeten 1929 acht Männer die Alpine Rettungsstelle. Nach dem Krieg wurde die Bergrettung neu aufgestellt. Schneeweiß trat ihr im Jahr 1951 bei. „Obmann Leo Guth sagte, dass er Leute wie mich brauche.“ Schneeweiß war ein Bergfex. Bereits mit 15 hatte er mit seinem Vater zum ersten Mal den Piz Buin bestiegen. In der Folge bezwang er in der Silvretta einen Berg um den anderen: Schneeglocke, Signalhorn, Seehorn, Fluchthorn, … 1954 gelang ihm mit einem Kameraden die erste Durchsteigung der Litzner Nordwand im Winter. Nach der Silvretta eroberte er die Westalpen. „Ich habe einige 4000er bezwungen.“
Schneeweiß, der bei den Illwerken als Maschinenschlosser arbeitete, wurde Bergretter, weil er helfen wollte. Bergrettungseinsätze waren früher aufwendiger, anstrengender und zeitlich intensiver als heute. „Wenn in der Silvretta etwas gewesen ist, mussten wir mit dem Schrägaufzug hinauf und dann mit dem ganzen Rettungsgerät zu Fuß weiter.“ Oft habe es viele Stunden gedauert, bis man beim Verunglückten gewesen sei. Allein bis zur Alarmierung seien Stunden vergangen. „Denn es gab früher noch keine Telefonverbindungen von den Hütten. Wenn Unfälle zu Mittag passiert sind, dann ist der Alarm erst um 18 oder 19 Uhr gekommen. Man musste ja zuerst einmal ´a z’Land`, um zu alarmieren.“ Der Partener blickt heute auf rund 250 Einsätze zurück. Manche sind ihm noch voll gegenwärtig. Als erstes kommt ihm die dramatische Suchaktion nach einer Gruppe am Ochsentaler- und Silvretta-Gletscher in den Sinn.
„Es war im März 1959. Der Bergführer Erwin Zangerle, der mit einer 13-köpfigen Gruppe unterwegs war, hatte im Nebel auf dem Gletscher die Orientierung verloren. Wir suchten nach ihnen bei Schlechtwetter und Lawinengefahr. Acht Personen konnten wir lebend, vier nur noch tot bergen. Den Bergführer haben wir nie gefunden. Er wird in eine Spalte hineingefallen sein.“ Auch der Sucheinsatz nach einem abgestürzten Flugzeug in der Silvretta im Juli 1997 ist ihm noch in eindrücklicher Erinnerung. „Das Flugzeug wurde unter der Roten Furka gefunden. Der Pilot war tot, seine Begleiterin überlebte den Absturz mit leichten Verletzungen.“
„Hatte oft Glück“
Als Bergretter war Schneeweiß immer wieder mit dem Tod konfrontiert. „Das hat einen schon belastet. Am meisten getroffen hat es mich, wenn Leute aus den eigenen Reihen verunglückt sind, wie etwa Herbert Mattle oder Heinz Tschofen.“ Die Berge haben seit jeher ihre Opfer gefordert. Dass er, der leidenschaftliche Alpinist und Bergretter, nicht in den Bergen umgekommen ist, schreibt Schneeweiß seiner Bestimmung zu. „Es ist Schicksal. Aber ich denke oft, ich hatte Glück.“ Insgesamt war er 64 Jahre für die Bergrettung im Einsatz, die letzten 25 Jahre übernahm er die Koordination der Rettungsleute in der Einsatzzentrale. Sein Engagement bei der Bergrettung gehört inzwischen der Vergangenheit an. Die Sehnsucht nach den Bergen ist geblieben. Sie treibt den 84-Jährigen auf die Bielerhöhe. „Dort schaue ich mit dem Fernglas auf die Gipfel.“ Meistens bleibt sein Blick am Piz Buin hängen. Er hat ihn rund 50 Mal bestiegen, zuletzt als 66-Jähriger.
Heute schaue ich mit dem Fernglas auf die Gipfel der Silvretta.
Rudi Schneeweiß
Zur Person
Rudi Schneeweiß
rettete in der Silvretta Leben. Er trat als 20-Jähriger der Bergrettung bei.
Geboren: 9. Jänner 1931
Ausbildung: Maschinenschlosser
Familie: verheiratet, ein Sohn
Hobbys: früher Bergsteigen und Skifahren